Infobrief – 27. März 2013 / Euphorie oder Wahnsinn?

Euphorie oder Wahnsinn?

 

Wo versteckt sich der ARABISCHE FRÜHLING in Ägypten? Was planen die Muslim – Brüder in Jordanien? Wann wird das saudische Königshaus gestürzt? Warum muss Deutschland die syrischen Rebellen unterstützen? Es ist erschreckend, dass der amerikanische Präsident vom gefährlichsten Pulverfass auf unserem Globus kaum noch Notiz nimmt. Selbst die umwälzenden Ereignisse in der Türkei werden in Washington nur noch mit Apathie aufgenommen. Wenn der Chef der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Öcalan, sich zu Wort meldet und seine Anhänger zum Gewaltverzicht aufruft, dann kommentieren die gleichgeschalteten und willfährigen westlichen Medien die jüngste Entwicklung in der Türkei als weiteren Beweis der Demokratie. Ist dieses Verhalten auf anhaltende Naivität oder völlige Ahnungslosigkeit zurück zuführen?

Was möchte man mit dieser überflüssigen Wahrnehmungssteuerung noch bewirken?

Gibt die PKK tatsächlich ohne weiteres ihren Kampf auf, der bisher ihre einzige Existenzgrundlage war? Wieso sollte der türkische Staat den verhassten Kurden urplötzlich jene Autonomie versprechen, die man bisher in Ankara als zersetzenden Separatismus des türkischen Staates rundherum abgelehnt hat. Ein Beweis des guten Willens wäre es, wenn man tausende Kurden aus den Gefängnissen entlassen würde, denn die Meisten sitzen dort, weil das „demokratische“ Demonstrieren in der Türkei schon als Akt des Terrors angesehen wird. Warum also sollte der türkische Staat die stark beschnittenen politischen und sozialen Rechte der Kurden lockern? Seit 1984 hat der Konflikt zwischen Kurden und Türken geschätzten 50 000 Menschen das Leben gekostet. Sind die Ereignisse in Ankara ermutigend oder sollten sie uns zum Nachdenken anregen?

 

Wer die Vorgänge in der Türkei nüchtern analysiert, der stößt sehr schnell darauf, dass der türkische Führer möglicherweise ganz andere Absichten verfolgt. Erdogan braucht die Kurden. Er möchte ein Präsidialsystem einführen und sich 2014 an die absolute Spitze der Türkei wählen lassen. Für eine solche Verfassungsänderung fehlt dem ehrgeizigen Politiker die Mehrheit im Parlament. Mit der Zustimmung der kurdischen Partei BDP könnte Erdogan dieses Hindernis sofort beseitigen. Und dann? Tja – > dann wäre Erdogan am dritten Etappenziel. Er wäre der mächtigste türkische Politiker nach dem Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk.

Was könnte „DANN“ der nächste Schritt sein?

Die Türkei ist in den zurückliegenden 30 Jahren zu einem ernst zunehmenden Industrieland gereift. Man treibt Handel mit der EU, mit arabischen Staaten sowie mit Russland, Indien und China. Wenn man diese Entwicklung genau untersucht, erkennt man leicht die nächsten Etappenziele von Erdogan. Braucht die Türkei tatsächlich noch die EU oder die USA? Nützt die Mitgliedschaft in der NATO noch tatsächlich dem Land? Beide Fragen kann man schon heute mit einem klaren – > NEIN – beantworten. Jahrelang wurde der Türkei der Zutritt zur EU versperrt. Derzeit hat man in Ankara kaum noch ein echtes Interesse daran, in Brüssel Mitglied zu werden. Der amerikanische Stützpunkt in der Nähe der Millionenstadt ADANA ist den meisten Türken ein Dorn im Auge. Die Querelen mit der Stationierung der deutschen Soldaten belegen den Unmut der Türken. Man möchte in Zukunft keine ausländischen Soldaten auf türkischen Boden mehr sehen. Diese verfestigte Meinung könnte Erdogan auf eine weitere Erfolgswelle setzen und seine Wünsche zur Realität reifen lassen.

 

Wenn also die Russen auf Zypern stärker Fuß fassen, dann könnte es im gesamten Mittelmeerraum zu geostrategischen Umwälzungen kommen. Ein Austritt der Türkei aus der NATO wäre die logische Folge sowie eine freundschaftliche Vertiefung der Beziehungen mit Russland. Euphorie oder Wahnsinn? NEIN! Schon recht bald können wir diese Weiterungen verfolgen.

Nur noch Abwarten und Tee trinken hilft derzeit nicht mehr weiter.

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