DRSB
Deutscher Rentenschutzbund e.V.
Der schleichende
Tod
Deutscher Sozialsysteme
von
Udo Johann Piasetzky
Vorstandsvorsitzender des DRSB e.V.
und
Rechtanwalt Andreas Kallen
Vorsitzender der Rechtskommission des DRSB e.V.
und
Rechtsanwalt Heinrich Sternemann
Vorsitzender der Antikorruptionskommission des DRSB e.V.
Meerbusch, den 07. Juli 2006
Deutschland bietet seinen Bürgern eine umfangreiche soziale Absicherung.
Für Arbeitnehmer besteht eine Pflichtmitgliedschaft in der Sozialversicherung, die aus fünf sogenannten Säulen besteht:
Rentenversicherung,
Krankenversicherung,
Unfallversicherung,
Arbeitslosenversicherung
und
Pflegeversicherung.
Diese soziale Grundsicherung wird grundsätzlich durch Beiträge der versicherten Bürger finanziert und die Defizite durch Steuergelder ausgeglichen.
Die Wurzeln der Sozialversicherung lagen im 19. Jahrhundert.
Nachfolgende Regierungssysteme haben sie nach und nach ausgebaut und um zusätzliche soziale Transferleistungen erweitert.
Die Beitragshöhe für die gesetzliche Krankenversicherung bemisst sich in der Regel nach der Höhe des Einkommens, so dass sich selbst wenig verdienende Bürger eine Krankenversicherung leisten können.
Die Pflichtmitgliedschaft für die meisten Arbeitnehmer sorgt für eine breite Basis der Beitragszahler.
Neben dieser gesetzlichen Krankenversicherung sind viele deutsche Bürger meist höheren Einkommens über eine private Krankenversicherung abgedeckt.
Das deutsche Gesundheitswesen gehört zu den höchst entwickelten der Welt, was sich in der international sehr niedrigen Rate der Kindersterblichkeit, der hohen durchschnittlichen Lebenserwartung sowie dem hohen Prozentsatz erfolgreicher Operationen zeigt.
Deutschland verfügt über ein umlagenfinanziertes und mit Steuergeldern gestütztes Rentensystem.
Dies bedeutet, dass die jeweils arbeitenden Bürger durch ihre Beiträge die Zahlungen an die Rentner finanzieren. Sobald die Beitragszahler in Rente gehen, sollen sie dann in den Genuss der Zahlungen kommen.
Die Höhe der Rente bemisst sich nach der Höhe der Beitragszahlungen sowie den Beitragsjahren. Die Entwicklung der Renten ist dabei an die allgemeine Lohnentwicklung gekoppelt. In den vergangenen Jahrzehnten hatte die Rentenversicherung umfangreiche Rücklagen gebildet, die jedoch von den Regierungen für versicherungsfremde Zwecke verwendet wurden.
Bedürftige, nicht arbeitsfähige Bürger in Deutschland können Sozialhilfe in Anspruch nehmen.
Jeder Bürger soll ein Leben in Würde führen können.
Die umfassende Fürsorge des deutschen Staates für seine Bürger, die ein Leben auf Dauer in sozialer Sicherheit versprach, hat ein Vertrauen auf Seiten der Bürger aufgebaut.
Die traditionellen sozialen Systeme wie
Ehe,
Familie
und
Religion
verloren in den zurückliegenden 30 Jahren entsprechend an Bedeutung.
Fast jeder Bürger ist heute kranken-, pflege-, und rentenversichert und dadurch werden der deutschen Wirtschaft schon seit Jahrzehnten, Jahr für Jahr
leistungsfähige und gesunde Arbeitnehmer
zur Verfügung gestellt.
Grund genug, die bewährten
deutschen Sozialsysteme
zu hegen und zu pflegen. Eigentlich können wir in Deutschland auf das Geleistete stolz sein.
Genau das Gegenteil ist der Fall. Das Vertrauen in die sozialen Sicherheitssysteme wird schleichend und systematisch untergraben.
Damit sind nicht die ständigen verbalen Entgleisungen der deutschen Bundeskanzlerin gemeint.
Sogar mehrere SPD-Politiker haben Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, mit der Bezeichnung
„Sanierungsfall”
den Standort Deutschland schlecht zu reden.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner nannte die Aussagen der Regierungschefin laut Bild-Zeitung
„deplatziert”.
Verbale Entgleisungen lassen in der Regel Rückschlüsse auf das Nervenkostüm und / oder spätere Absichten zu.
Dass die deutsche Wirtschaft für jeden Bürger erkennbar überaus wettbewerbsfähig ist, zeigt deutlich der Welthandelsanteil der meistens über dem der USA liegt.
Welche Gründe sind es dann, die unsere Politiker ständig dazu animieren, unsere Systeme schlecht zu reden?
Die Antwort ist einfach und gleichzeitig verblüffend.
Bereits Anfang der 80. Jahre des vorigen Jahrhunderts zeigten Meinungsumfragen, dass die Mehrheit der Bürger nicht bereit war, den neoliberalen Vorstellungen der Wirtschaft zu folgen.
Bedingt durch die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten waren auch die ostdeutschen Bürger hoch erfreut über die westdeutschen Sicherungssysteme.
Mehr als 83% der deutschen Bürger hielten damals viel von unserem Sozialstaat und freuten sich über die Solidarität sowie über den damit verbundenen Kündigungsschutz.
Die von den Gewerkschaften geforderten Arbeitszeitverkürzungen fielen auf fruchtbaren Boden.
In einigen Arbeitgeberverbänden sowie in großen Wirtschaftsunternehmen wurden diese Entwicklung mit Argwohn und großer Sorge beobachtet. Es entstand der Wunsch, der Hauptströmung > Neudeutsch: Mainstream < entgegen zu wirken.
Womöglich der bekannten Tropfen zum Überlaufen war dann eine Umfrage des Allensbach-Instituts, die besagte, dass eine Beeinflussung durch die Wirtschaft auf die Bürger so gut wie überhaupt nicht mehr gegeben war.
Die Machtverhältnisse sollten aus der Sicht der Mächtigen wieder gerade gerückt werden. In einem demokratischen Staat sind aber die so genannten Mächtigen, die über die Mehrheit der Geldmittel verfügen, meistens in der Minderheit.
Damit der Feldzug der neoliberalen Kräfte auch zum Siegeszug werden konnte, musste man gezielten Einfluss auf politische Entscheidungen sowie auf die öffentliche Meinung gewinnen.
Gemäß der zur Verfügung stehenden
strategischen Intelligenz
und der
finanziellen Mittel
begann man den Aufbau eines gigantischen Netzwerkes mit dem Ziel, die Macht über die öffentliche Meinung zurück zu erobern.
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank,
Herr Dr. Norbert Walter
lieferte, vermutlich unbeabsichtigt, über die Einrichtung DB Research permanent Grundlagenmaterial im Sinne des neoliberalen Credos.
Dankbare Abnehmer der Informationen fand er bei vielen Journalisten aus allen Mediensystemen.
Zur Speerspitze der neoliberalen Bewegung wurde vermutlich die
INSM
Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
auserkoren.
Die INSM wurde am 12. Oktober 2000 mit Hilfe des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall ins Rennen geschickt und finanziert. Nach eigenen Angaben erhält die INSM jährlich rund 9 Millionen Euro.
Das dürften dann bis heute so circa
54
Millionen Euro
sein, die dort als Mittel zur Verfügung stehen. Der Auftrag war von Anfang an deutlich erkennbar:
Widerstände gegen Sozialabbau brechen
und
deutsche Sozialsysteme desavouieren und schwächen.
Leider hat bis heute nur der Stern in einem denkwürdigen Artikel darüber berichtet. Falls DRSB-Leser daran Interesse haben: Der Stern-Artikel erschien unter der Head-Line
Revolution von oben
im Dezember 2003. Nach der Meinung vieler Stern-Leser war der Artikel hervorragend recherchiert und geschrieben.
Merkwürdig erscheint auch, dass nach diesem entlarvenden Stern-Artikel nie wieder ein echt kritischer Artikel in den Medien zu finden war.
Der stellvertretende Chefredakteur des Sterns
Hans-Ulrich Jörges
ist sehr häufig in Polit- und Infotainmentsendungen zusehen in denen er bedauerlicher weise nun auch negative Stimmung gegen
deutsche Sozialsysteme
macht. Für eine leitenden Sternredakteur vollkommen unverständlich.
Wegen der Geldgeber und der Einflussnahme auf die Medien im Sinne einer Beeinflussung der öffentlichen Meinung wird die INSM vielfach als
PR-Agentur der Wirtschaft
kritisiert, die unter dem Deckmantel einer zivilgesellschaftlichen, an den Allgemeininteressen orientierten Initiative in Wirklichkeit für die Ziele der Arbeitgeberverbände werbe.
Die INSM ist Mitglied der Aktionsgemeinschaft Deutschland, einem Zusammenschluss von zehn so genannten Reforminitiativen, wie zum Beispiel
berlinpolis,
Bürgerkonvent,
Stiftung Liberales Netzwerk.
Damit die Parolen der neoliberalen Ideologie möglichst seriös transportiert werden können, umgibt sich INSM mit so genannten
Kuratoren
Botschaftern
und
Mitgliedern des Fördervereins.
Kuratoren
Prof. Dr. Michael Hüther
Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln
Martin Kannegiesser
Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall
Oswald Metzger
Finanzexperte Bündnis 90/Die Grünen
Randolf Rodenstock
Vorsitzender des Aufsichtsrats der Rodenstock GmbH
Prof. Dr. Hans Tietmeyer
Vorsitzender des Kuratoriums und ehemaliger Präsident der Deutschen Bundesbank
Dr. Hans-Dietrich Winkhaus
Präsident des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW)
Botschafter
Prof. Dr. Dr. Ann-Kristin Achleitner
Wissenschaftliche Direktorin des Center for Entrepreneurial and Financial Studies (CEFS) an der TU München
Prof. Dr. Hans-Wolfgang Arndt
Rektor der Universität Mannheim
Dr. Hans D. Barbier
Wirtschaftspublizist, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, Bonn
Prof. Dr. Arnulf Baring
Politikwissenschaftler, Historiker und Publizist
Prof. Roland Berger
internationaler Unternehmensberater
Univ.-Prof. Dr. habil. Christoph Burmann
Lehrstuhlinhaber des Stiftungslehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Innovatives Markenmanagement, an der Universität Bremen
Lord Ralf Dahrendorf
Mitglied des Britischen Oberhauses
Prof. Dr. Juergen B. Donges
Professor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften an der Universität zu Köln und Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik
Dominique Döttling
Geschäftsführende Gesellschafterin Döttling & Partner Beratungsgesellschaft mbH, Uhingen
Professor Dr. Johann Eekhoff
Staatssekretär a.D., Wirtschaftspolitisches Seminar der Universität zu Köln
Dr. habil. Lüder Gerken
Vorstand der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung
Prof. Dr. rer. pol. Stephan A. Jansen
Gründungspräsident und Geschäftsführer der Zeppelin Universität (ZU)
Dr. Eberhard von Koerber
Präsident des Verwaltungsrates der Eberhard von Koerber AG, Zürich; Vizepräsident des Club of Rome
Prof. Dr.rer.nat. Edward G. Krubasik
Mitglied des Zentralvorstands der Siemens AG
Prof. Dr. Dieter Lenzen
Präsident der Freien Universität Berlin
Siegmar Mosdorf
Parlamentarischer Staatssekretär a.D.
Dr. Arend Oetker
Unternehmer, Präsident des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft, Vizepräsident des BDI
Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué
Stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Sachsen-Anhalt, Mitglied des Bundesvorstands der FDP
Professor Dr. Rolf Peffekoven
Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen
Lehrstuhl für Finanzwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Professor II an der Universität Bergen (Norwegen)
Arndt Rautenberg
Leiter Konzernstrategie und -politik bei der Deutschen Telekom AG
Prof. Dr.-Ing. Dagmar Schipanski
Präsidentin des Landtages von Thüringen
Dr. Nikolaus Schweickart
Vorstandsvorsitzender der ALTANA AG
Prof. Dr. h. c. Lothar Späth
Vorsitzender des Aufsichtsrats der JENOPTIK AG
Erwin Staudt
Präsident des VfB Stuttgart
Univ.-Prof. Dr. Thomas Straubhaar
Präsident des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs (HWWA)
Prof. Dr. Ulrich van Suntum
Geschäftsführender Direktor des Centrums für angewandte Wirtschaftsforschung Münster (CAWM), Universität Münster
Mitglieder des Fördervereins
Florian Gerster
ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit
Prof. Dr. Johanna Hey
Stiftungsprofessur für Unternehmenssteuerrecht in Düsseldorf
Prof. Dr. Dieter Lenzen
Präsident der Freien Universität Berlin
Dr. Silvana Koch-Mehrin
Mitglied des Europa-Parlaments und des FDP-Bundesvorstands, Vorsitzende der Auslandsgruppe Europa der FDP, Brüssel
Friedrich Merz
MdB / CDU / Rechtsanwalt
Ulrike Nasse-Meyfarth
Olympiasiegerin im Hochsprung
Dieter Rickert
gilt als Deutschlands bekanntester "Headhunter"
Dr. Hergard Rohwedder
Rechtsanwältin
Max Schön
Mitglied im Aufsichtsrat der MAX SCHÖN AG
Carl-Ludwig Thiele
Stellv. Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
Prof. Dr. Hans Tietmeyer
Vorsitzender des Fördervereins und ehemaliger Präsident der Deutschen Bundesbank
Gunnar Uldall
Senator, Präses der Wirtschaftsbehörde Freie und Hansestadt Hamburg
Die aufgeführten Namen können schon Respekt einflössen. Die damit verfolgte Absicht ist bei Durchleuchtung klar erkennbar.
Eine Vorherrschaft der neoliberalen Kräfte soll erhalten bleiben. Abweichler vom System sollen eingeschüchtert und letztendlich vernichtet werden.
Nur so ist es erklärbar, das sehr viele gutgläubige Bürger aber auch aufrechte Mittelständler sowie einige Würdenträger der christlichen Kirchen den neoliberalen Parolen bereits zum Opfer gefallen sind und fest daran Glauben diese Ideologie weiter forttragen zu müssen.
Selbst der früher in Wirtschaftskreisen so gefürchtete
Rotfunk
WDR
scheint womöglich schon manipuliert zu sein, ist aber zumindest unterlaufen.
Monitor durchleuchtete am 16. März 2006 in der Sendung die Zusammenhänge zwischen den Wirtschafts-Partnern
Bild-Zeitung,
Volksbanken
und
DIA
Deutsches Institut für Altersvorsorge GmbH
Über die Verbindungen zum INSM war kein Hinweis erkennbar.
Und so wird die neoliberale Botschaft von den maroden deutschen Sozialsystemen weiter und weiter verbreitet.
Das Ziel ist klar ausgemacht:
Die gesetzliche Rente soll auf eine kleine Grundsicherung eingedampft werden.
Danach soll dann die private Altersvorsorge den Altersschutz für deutsche Bürger übernehmen.
Es ist ein Horrorbild ohne Beispiel:
Arbeitgeberverbände,
Multikonzerne,
und womöglich
deutsche Banken,
und
deutsche Versicherungsgesellschaften
machen getarnt über die genannten Netzwerkorganisationen gezielt Stimmung für einen sozialen Systemwechsel.
Dabei wird äußerst geschickt das parlamentarische System in Deutschland mit eingebunden.
Die oft noch charismatischen Protagonisten der neoliberalen Bewegung sollten entzaubert werden und damit die Zerstörung der guten und bewährten
deutschen Sozialsysteme
zum Stillstand kommen.
Was zurzeit an
Vertrauen und Werten
kaputt geredet und torpediert wird, ist nie wieder zu reparieren.
Jeder neue Arbeitsplatz in Deutschland beendet ein
Einzelschicksal eines
arbeitslosen Bürgers
und
stabilisiert gleichzeitig das gesetzliche Rentensystem!
DRSB
Wir kämpfen seit 1988 für sinnvolle,
lernfähige und sichere Rentensysteme sowie für dauerhafte und sichere Arbeitsplätze in Deutschland
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