Schuldfrage am Turbo-Kapitalismus
Trotz eines uneingeschränkten Testats in den Berichten der Konzernabschlüsse wird von den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften darauf verwiesen -> dass für den Inhalt des Jahresabschlusses ausschließlich der Konzern die Verantwortung trägt. Bereits vor Beginn der Prüfung wird mit der zeitlichen, personellen und sachlichen Planung der Jahresabschlussprüfung bis zur Übergabe es testierten Jahresabschlussberichtes von Seiten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf strikte Einhaltung sämtlicher Formalien geachtet. Alles was testiert wird -> wird mit der Gegenzeichnung von Vollständigkeitserklärungen, Saldenbestätigungen und mit der Einholung von Gutachten hinterlegt. Es liegt in der Natur der Sache, dass es unter dem starken Zeitdruck der Prüfung unmöglich ist -> sämtliche Geschäftsvorfälle und Buchungssätze -> deren Anzahl bei Konzernen in den Milliardenbereich gehen können -> zu prüfen. Die Prüfung des Jahresabschlusses kann somit nur mittels Stichproben erfolgen. Der Prüfungsbericht wird vor Bekanntgabe von erfahrenen Berichtskritikern aus den eigenen Reihen zur Vermeidung offensichtlicher Widersprüche geschmirgelt und aufpoliert. Dem Auftraggeber wird anschließend der Bericht zunächst als unverbindliches Lese-Exemplar mit der Bitte um kritische Durchsicht und um Rückgabe nach Gegenzeichnung überreicht. Dieses Procedere wiederholt sich Jahr für Jahr. Alles was anfänglich einmal als darstellbar und testierbar erscheinen mag -> kann im nächsten Prüfungs-Zeitraum wegen neuer Tatsachen und neuer Erkenntnisse völlig anders beurteilt werden müssen. Um Schieflagen im Jahresabschluss zu vermeiden -> können womöglich Wirtschaftsprüfungsgesellschaften einmal mitgetragene Entscheidungen kaum revidieren. Das Gegenzeichnen ist daher völlig verständlich und legitim -> um sich im Notfall nicht allein den SCHWARZEN PETER in die Schuhe schieben zu lassen. Die Textpassage im Testat -> entspricht Gesetz und Satzung -> ist für einen reibungslosen Ablauf der Hauptversammlung zur Genehmigung und Feststellung des Jahresabschlusses sowie zur Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates unverzichtbar. Die Klärung von handelsrechtlichen Bewertungsfragen ist normalerweise in GUTEN ZEITEN kein Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Spätere gerichtliche Auseinandersetzungen stellen sich immer erst dann ein -> wenn Schieflagen nicht mehr zu verheimlichen sind. Der Skandal ENRON und der Untergang der damals größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Welt ->
Arthur Andersen ->
zog im Kalenderjahr 2001 weltweit dramatische Kursverluste an den Börsen nach sich. Die mitgetragene Bilanz-Fälschung ließ sich trotz aller Gegenzeichnungen nicht mehr verheimlichen. Unter der Führung von ->
Kenneth Lay ->
rückte ENRON zum größten Energie-Händler der Welt auf. Die rechtliche und wirtschaftliche Basis dafür bildete mit der Einführung des Turbo-Kapitalismus die weltweite Liberalisierung der Energie-Märkte -> die Privatisierung der Strom- und Wasserversorgung und das Versäumnis der westlichen Regierungen zur Regulierung der Rahmenbedingungen -> wie zum Beispiel von bestimmten Finanzderivaten. Die Deregulierung des kalifornischen Energie-Marktes führte im Jahr 1998 zu enormen Preis-Manipulationen und einer ->
Erhöhung des Strom-Preises um 300%.
Der Hauptteil der Aktivitäten von ENRON bestand im spekulativen Handel mit Rohstoffen und Energie über Derivate. ENRON schuf immer neue Derivate mit Termin-Kontrakten auf Gas und Strom und selbst auf das Wetter im kommenden Sommer. Derivaten liegen Termin-Geschäfte zugrunde. Bei einem Termingeschäft wird zu einem bestimmten Stichtag ein Produkt -> zum Beispiel Rohstoffe, Aktien oder Währung -> zu einem im Voraus festgelegten Preis gekauft und hierfür eine Options-Prämie vereinbart und gezahlt. Der Zeitpunkt der tatsächlichen Kaufvereinbarung kann kurzfristig oder langfristig erst in 5 oder 10 Jahren sein. Man spricht von Derivaten -> wenn diese Verträge in Form eines Wertpapiers wie Aktien oder Anleihen an der Börse gehandelt werden. Als so genannte Hebel-Papiere sind Derivate mit einer hohen Gewinn-Möglichkeit aber auch mit einem hohen Verlust-Risiko verbunden. Die gezahlten Options-Prämien für die noch offenen Wettgeschäfte aus den Derivaten werden nach deutschem Recht zum Bilanzstichtag als geleistete Anzahlungen unter der Bilanzbezeichnung ->
POSITIVER MARKTWERT
aus den derivativen Finanz-Instrumenten ->
ausgewiesen. Die erhaltenen Options-Prämien zum Verkauf von Derivaten werden zum Bilanzstichtag als erhaltene Anzahlungen unter der Bilanzbezeichnung ->
NEGATIVER MARKTWERT
aus den derivativen Finanz-Instrumenten ->
ausgewiesen. Während des New-Economy-Booms -> Ende der 90ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts -> entwickelte sich ENRON in den USA zum Liebling der Börse. Nach der Aufdeckung des Frisierens der Konzernbilanz war der Stern am Börsen-Himmel verflogen. Daneben wurde im Zusammenspiel mit Arthur Andersen und führenden US-Investmentbanken ein riesiger Schuldenberg außerhalb der Bilanzen über Offshore-Konstruktionen für Außenstehende nicht erkennbar aufgebaut. Mit Tochter-Gesellschaften in 50 Staaten und mehr als 3.500 Offshore-Konstruktionen in Steuer-Oasen wurden in der Konzernbilanz Gewinne und Verluste willkürlich hin- und hergeschoben. Gemäß den diversen Medien-Berichten bestanden zur damaligen Zeit bereits Niederlassungen von allen großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den Steuer-Oasen. Mit der direkten Einflussnahme auf das Gesetzgebungsverfahren über Spenden und Posten-Vergabe im eigenen Konzern an ehemalige Politiker hatte ENRON ein ->
Lehrstück für Wirtschafts-Kriminalität ->
hingelegt. So etwas hatte die Welt bis dahin noch nicht gesehen. Bereits am Ende der 90ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hieß die Devise des Turbo-Kapitalismus -> dass eine Eigenkapital-Rendite von 15% erzielt werden muss -> damit ein Konzern nicht am Aktienmarkt abgestraft werden kann. Im Fall ENRON konnte und sollte womöglich die Schuldfrage nicht abschließend geklärt werden -> weil der Hauptbeschuldigte Kenneth Lay während des Prozesses im Kalenderjahr 2006 verstarb und zuvor von Arthur Andersen die Prüfungsunterlagen vernichtet wurden. Die derivativen Finanzinstrumente sind der Kernbereich des Investment-Banking. So nimmt zum Beispiel die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG im Bericht des Jahresabschlusses 2009 der Deutschen Bank zu Bewertungsfragen der Bilanzpositionen ->
POSITIVER MARKTWERT
aus den derivativen Finanz-Instrumenten ->
in Höhe von 596 Milliarden Euro und zu ->
NEGATIVE MARKTWERTE
aus derivativen Finanz-Instrumenten ->
in Höhe von 577 Milliarden Euro im Erläuterungsteil wie folgt Stellung -> ZITAT / AUSZÜGE:
Ergebnis aus zum Bilanzstichtag gehaltenen Finanzinstrumenten der Level – 3 – Kategorie. Diese Ergebnisse lassen sich nicht ausschließlich auf nicht beobachtbare Parameter zurückführen. Viele der Parameter, die zur Bewertung der Finanzinstrumente in dieser Kategorie der Fair-Value-Hierarchie herangezogen werden, sind beobachtbar. Somit basiert die Veränderung der Ergebnisse auf Veränderungen solcher beobachtbaren Parameter im Lauf der Berichtsperiode. -> ZITAT / AUSZÜGE ENDE.
Die Bewertungsvorschrift BEIZULEGENDER ZEITWERT -> im englischen FAIR VALUE genannt -> lässt sich bei den Derivaten Finanz-Instrumenten somit nur äußerst schwer in einfache und verständliche Worte fassen. In der Konzernbilanz 2019 der Deutschen Bank sind die -> Zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Vermögenswerte -> mit 332 Milliarden Euro und die -> Zum beizulegenden Zeitwert bewertete finanzielle Verpflichtungen -> mit 316 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Bilanzbezeichnungen für das Investment-Banking wurden gegenüber dem Kalenderjahr 2009 etwas „verfeinert“. Den zukünftigen Umfang von stillen Reserven und von stillen Lasten aus den offenen Wettgeschäften kann kein Mensch vorhersagen. Würde man hypothetisch sämtliche offene Wettgeschäfte im Gesamtvolumen von 648 Milliarden zum Stichtag 31. Dezember 2019 ERFOLGSNEUTRAL über ein Ergebnis-Veränderungskonto abrechnen -> so würde sich rein rechnerisch lediglich eine Unterdeckung von 16 Milliarden Euro -> 332 Milliarden Euro abzüglich 316 Milliarden Euro -> ergeben. Entsprechend den Ankündigungen hat die Deutsche Bank innerhalb der 10 Jahre das Volumen des Investment-Banking insgesamt erheblich reduziert. Für das nach wie vor hohe Gesamtvolumen von offenen Wettgeschäften zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2019 mit Optionsgebühren in Höhe von insgesamt 648 Milliarden Euro lagen denkbare negative Folgewirkungen aus einer Schock-Starre an den internationalen Finanzmärkten ausgelöst durch COVID-19 noch nicht vor. Hätte es wie bereits im Kalenderjahr 2019 angekündigt unter dem Namen ->
DEUTSCHLANDBANK ->
eine weitere Staatsbeteiligung an einer Geschäftsbank gegeben -> lägen womöglich heute bereits direkte Risiken für die deutschen Steuerzahler vor. Ohne eine Klärung der Schuldfrage am Turbo-Kapitalismus kann man nicht einfach -> MAL „SO“ -> bei systemrelevanten Branchen der Finanzwirtschaft Banken und Versicherungen, der Energiewirtschaft, der Automobilindustrie und anderen Teilen der Realwirtschaft bei einer denkbaren Schieflage zur Tagesordnung zurückkehren und unter Miss-Achtung von wirtschaftlicher Vernunft weiterhin dem Credo des Turbo-Kapitalismus folgen -> dass im Zweifel der Staat für das ->
Miss-Management der Manager-Eliten ->
mit Rettungsprogrammen in Billionen-Höhe auf Kosten der Steuerzahler hilfreich zur Seite stehen muss. Die Fragen des DRSB an den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank ->
Josef Ackermann ->
vom 29. September 2010 -> blieben im Kern bis heute unbeantwortet.
_________________________
Möchten Sie sich unabhängig und sachlich korrekt informieren? Ohne Beeinflussung von Werbe- oder Produktpartnern.
Ohne Beeinflussung von Geheimdiensten oder angeschlossenen Tarnorganisationen, Geheimbünden oder dubiosen NGO´s.
JA!
Dann lesen Sie regelmäßig kostenfrei die DRSB-Internetseite mit den aufklärenden Artikelserien.
Nutzen Sie die Vorteile der Demokratie.
Bilden Sie sich Ihre unabhängige Meinung.