Sind Beamte die heimlichen Reichen

Sind Beamte die heimlichen Reichen?

 

05. Oktober 2010

 

Jahrelang herrschte Ruhe in der Bevölkerung, wenn es um das Thema der Beamtenversorgung und Besoldung ging. Hier und da ärgerte man sich schon mal über den „lahmen” Beamtenapparat – das war es schon gewesen. Selbst wenn hin und wieder der so genannte

Amtsschimmel

heftig austrat, beruhigten sich die Gemüter rasch bald. Nach den Debakeln bei der Post und der Deutschen Bahn wusste man einen gut funktionierenden Beamtenapparat zu schätzen. Erst der Medienrummel Ende August / Anfang September um Thilo Sarrazin ließ sehr viele Menschen wieder aufhorchen.

Dürfen Staatsdiener derart auftreten?

Wie viel verdient Sarrazin an seinem Buch?

Wie hoch sind die tatsächlichen

Pensionsansprüche des provokanten Sarrazin?

Und Schwupps war das Thema der Beamtenpensionen erneut in den Köpfen der Menschen losgeschlagen, denn in unserer Heimat verfügen wir über ein oft vergessenes, gewaltiges Vermögen:

Unsere Renten- und Pensionsansprüche.

Aktuell betrachtet, summieren sich diese Ansprüche auf mehr als

4,8 Billionen Euro.

Aus der Sicht der zukünftigen Rentenbezieher ist das Geld aber extrem ungleich verteilt. Es macht ganz offensichtlich vor allem Beamte zu wohlhabenden Menschen. Diese Tatsache vergrößert auf Sicht die Schere zwischen

Arm und Reich.

Nicht nur das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung [ DIW ] fand heraus, dass die Menschen in unserem Land neben dem Ersparten noch in großer Zahl über Vermögenswerte in erheblichem Umfang verfügen, die bislang von den Wirtschaftwissenschaftlern weitgehend unberücksichtigt geblieben sind. Selbst das Statistische Bundesamt erfasste die schlummernden Vermögenswerte nicht.

Es geht um die Rentenansprüche, die die aktuellen und zukünftigen Renten- und Pensionsbezieher während ihres Berufslebens ansammeln. Denn diese Ansprüche sind bares Geld wert, auch wenn sie im Grunde nur einen fiktiven Vermögenswert darstellen. Sie bringen zwar keine Zinsen auf die Sparanlagen und taugen auch nicht als Sicherheit für Darlehen oder Kredite. Für jeden Einzelnen lässt sich ein fiktiver Vermögenswert ohnehin nur schwer kalkulieren, weil die Gesamtgröße davon abhängt, wie lange der Betreffende nach seinem Abschied aus dem Berufsleben noch leben wird. Für eine Berechnung von Vermögenswerten sollten deshalb Pensions- oder Rentenansprüche nicht außen vor bleiben. Für ihre Berechnungen kombinierte zum Beispiel das DIW alle verfügbaren Befunde aus dem Sozioökonomischen Panel [ SOEP ] mit den anonymisierten Daten der Rentenversicherung. Auf Basis dieser Erwerbsbiografien, Alter und Daten zur Lebenserwartung schätzte man für verschiedene Bevölkerungsgruppen den aktuellen

Gegenwartswert der Altersversorgungsansprüche.

Die abweichenden Ergebnisse der unterschiedlichen Studien sind überraschend, denn im Durchschnitt entspricht der individuelle Anspruch eines zukünftigen Pensions- oder Rentenbeziehers lediglich

67.000,00 Euro.

Verteilt auf zehn Jahre ergebe es eine monatliche Minirente von lediglich

588,34 Euro.

Der Grund für diese Minirente liegt hauptsächlich darin, dass jeder abhängig Beschäftigte und eine Vielzahl von Selbständigen Vorsorge in verschiedenen Alterssicherungssystemen betreiben – oder gänzlich auf Altersvorsorgesysteme verzichten. Rechnet man die daraus resultierenden Ansprüche zu den Geld- und Sachwerten hinzu, dann reduzieren sich die Unterschiede nochmals. Bezieht man die Rentenanwartschaften in die Vermögensberechnung ein, stehen insbesondere diejenigen besser da, deren Vermögen geringer ist als das des Durchschnitts. Denn anders als ihre wohlhabenderen Menschen verfügen sie praktisch über kein Sach- oder Geldvermögen. Mehr als vierhunderttausend Personen können im Durchschnitt auf ein Guthaben von mehr als

550.000,00 Euro

[ monatliche Rente 4.583,34 Euro ]

zurückgreifen. Die eindeutigen Gewinner der Berechnungen in der DIW – Studie sind Beamte, denn sie erzielen nach den Aussagen des DIW mit weitem Abstand die höchsten Anwartschaften.

Im Pensionsalter beträgt der entsprechende Gegenwartswert satte

400.000,00 Euro

[ monatliche Rente 3.333,34 Euro ].

Abhängig Beschäftigte, besonders in prekären Arbeitsverhältnissen des gleichen Alters kommen lediglich auf „schlappe”

160.000,00 Euro

[ monatliche Rente 1.333,34 Euro ].

Das entspricht mageren 40% des Wertes der Anwartschaften, die von Beamten locker erreicht werden. Das krasse Missverhältnis verbessert sich ein klein wenig, wenn man auf Seiten der Arbeiter, Angestellten und Arbeitslosen die in Ausbildung befindlichen jungen Menschen heraus rechnet. Dann liegt der Wert mit knapp

200.000,00 Euro

[ monatliche Rente 1.666,34 Euro ]

noch mit 50% deutlich unter dem Beamtenpensionen. Ein Grund für den extrem deutlichen Unterschied liegt darin, dass die Höhe einer Beamtenpension im Wesentlichen auf Basis der letzten Monate des Berufslebens berechnet wird. Bei sozialversicherungspflichtigen Einkommen bildet dagegen die Summe aller Einzahlungen den Grundstock für den späteren Rentenbezug.

Das geringere Einkommen zu Beginn

des Berufslebens kommt also bei abhängig Beschäftigten

viel stärker zum Tragen.

Beamten – Pensionäre müssen deshalb zu den

Top – Vermögenden

gezählt werden, denn sie werden nur noch von der Gruppe der mittelständischen Unternehmer überboten, die eine Firma mit zehn Angestellten und mehr besaßen.

Trotzdem bleibt nach wie vor der Abstand zwischen Arm und Reich sehr groß und wird durch die Exklusionsprozesse ständig größer.

Fazit:

Angesichts der zunehmenden Alterung der deutschen Bevölkerung sind spürbare Einschränkungen in der Altersversorgung nur noch eine Frage von drei bis fünf Jahren. Hinzu kommen die immer komplizierteren Verläufe der Erwerbsbiografien mit häufigen Unterbrechungen bei der Zahlung der Beiträge zur Sozialversicherung. Arbeitslose, Minijobber, Leiharbeiter und Andere in prekären Jobverhältnissen sparen nur Minimalbeträge an. Diejenigen, die den Arbeitsplatzverlust mit dem Sprung in die Selbständigkeit zu kaschieren versuchen, können sich eine private Altersvorsorge häufig gar nicht mehr leisten – oder haben durch die US – Finanz- und Wirtschaftskrise große Teile ihrer angesparten Gelder verloren. Das von allen Politikern völlig verkannte Risiko, das damit einhergeht, wird erst in fünf Jahren richtig zum Tragen kommen.

Denn der Anteil derjenigen,

die im Alter wirklich arm sind, wird deutlich zunehmen.

Den Beamten dagegen wird es besonders gut gehen. Deutsche Beamte stehen auf der Sonnenseite des Lebens, was ihre aktuellen und künftigen Einnahmen angeht.

Zum Beispiel belegt die DIW – Studie:

Personen aus dem freien Unternehmertum und vor allem Beamte schneiden besonders gut ab, weil sie keine eigenen Beiträge für die Altersvorsorge leisten müssen und auch keinem Arbeitslosigkeitsrisiko unterliegen.

Schon heute verfügen mehr als 34% der Deutschen über kein Vermögen mehr oder sind sogar hoch verschuldet. Auch hier zeigen sich schon die sozialen Bremsspuren der Agenda 2010. Die privaten Renten sowie die bAV haben bereits ihre Bedeutung als Rentenpuffer verloren und werden in Zukunft sinken. Das bedeutet im Klartext, dass die Menschen in unserer Heimat in den nächsten drei bis fünf Jahren wegen Arbeitslosigkeit und reduzierter Sozialleistungen im Alter verarmen. Da hätte eine taugliche private Altersvorsorge eine enorm wichtige Rolle spielen können. Doch diese Chance wurde spätestens zur Wende verpasst und genau das ist mit ein Grund dafür, dass die Alterseinkünfte künftig die Kluft zwischen Arm und Reich exponentiell vergrößert. Bereits seit 25 Jahren ist zu beobachten, dass die private Vorsorge am unteren Ende der Einkommensskala besonders schwach ausgeprägt war. Durch das Riesterdebakel werden so genannte Geringverdiener daher künftig noch stärker zurückfallen als heute.

Lediglich die Bevölkerungsgruppe der Beamten ist doppelt privilegiert. Sie müssen zum einen keinerlei eigenen Beiträge für die Altersvorsorge leisten und sind zudem bevorzugt, weil das allgemeine Versorgungsniveau bei Pensionären deutlich höher ist als bei den abhängig Beschäftigten. Denn erstaunlicherweise orientiert sich das sehr hohe

Versorgungsniveau der Beamten

an den letzten Gehaltsbezügen und nicht am Lebensarbeitseinkommen wie in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das ist nicht nur diskussionsbedürftig, sondern stößt seit den letzten fragwürdigen Auftritten von Thilo Sarrazin auf starke anwachsende Verärgerung in der Bevölkerung. Die invaliden und obsoleten

Alterssicherungssysteme

müssen im Niveau so angepasst werden, dass eine gravierende

Vermögensungleichheit

in naher Zukunft zu reduzieren ist, damit innerer Frieden und Demokratie erhalten bleiben.

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Deutscher Rentenschutzbund e.V.

 

Wir kämpfen seit 22 Jahren mit der Stimme der Demokratie für einen modernen Sozialstaat, sichere, langfristige Arbeitsplätze, sinnvolle, gerechte und lernfähige Rentensysteme, sichere, gerechte und leistungsfähige Sozialsysteme und für korruptionsfreie Demokratie in Deutschland und der Europäischen Union.

 

 

 

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