Notfallplan fuer Wirtschaftspruefer 2011 02 15

Notfallplan für Wirtschaftsprüfer?

15. Februar 2011

 

Die allgemeinen Kommentare zum Weltwirtschaftsforum in Davos

„Gemeinsamer Nenner für eine neue Realität”

zeichnen ein düsteres Bild von den Eliten aus Wirtschaft und Politik und der Larmoyanz, welche dem Forum von Anfang an beizuwohnen scheint. Die Eliten aus Wirtschaft und Politik sind nach wie vor ratlos und geschockt über die lang anhaltenden Auswirkungen der US – Finanz- und Wirtschaftskrise und hoffen womöglich in Davos darauf Lösungen zu finden.

Vermutlich wurden auch in Davos keine schlüssigen Antworten gefunden.

Die vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften [ BIG FOUR ] bestreiten gegenüber der europäischen Kommission, dass ihre Dominanz ein ähnliches systematisches Risiko darstellen könnte, wie die Konzentration von Großbanken. Die BIG FOUR sind aber dennoch bereit, mit der europäischen Kommission Notfallpläne für den Fall eines Kollaps zu erstellen. Dieser Bereitschaft liegt die berechtigte Sorge in Brüssel zugrunde, dass sich die Zerschlagung der amerikanischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen wegen des Enron – Skandals mit unübersehbaren Folgen wiederholen könnte. So regte zum Beispiel Pricewaterhouse -Coopers [ PwC ] an, dass im Falle eines Falles bei einer betroffenen Regionaltochter „tadelloses” Personal zu einem neuen Unternehmen mit neuer Führung wechseln könnte, um nicht das gesamte angeschlagene Netzwerk zu Fall zu bringen. Von der KPMG kann zum Beispiel der Vorschlag, dass die Regulierer Firmen zwingen sollten, bei einem betroffenen Wirtschaftsprüfer zu bleiben. Die Sorgen in Brüssel sind durchaus berechtigt und nachvollziehbar, denn bei einer Unterbrechung von handelsrechtlich notwendigen Prüfungen würden nicht nur Konzerne wie Banken- und Versicherungskonzerne, sondern auch die Realwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Denn die handelsrechtlichen Regularien, wie zum Beispiel die Feststellung des Jahresabschlusses sowie die Entlastung und Bestellung der Konzerngremien, wären nicht mehr reibungslos durchzuführen. Von den direkten Auswirkungen auf die Börse einmal ganz abgesehen. Aufgrund der US – Finanz- und Wirtschaftskrise sind noch immer unentdeckte Risiken in der gesamten Finanzwirtschaft verborgen. So kommt zum Beispiel der Versuch einer sachgerechten Prüfung und Bewertung von zukunftsbezogenen spekulativen Derivaten dem Versuch zur Quadratur eines Kreises gleich. Bei zu optimistischen Bewertungen würden sich Wirtschaftsprüfungsgesellschaften einer potentiellen Haftungsgefahr aussetzen und bei zu pessimistischen Bewertungen den Fortbestand einer harmonischen Beziehung zum Auftraggeber gefährden. Eine „objektive” Bewertung von undurchsichtigen Derivaten käme dem Blick in eine Kristallkugel gleich. Wegen des mittlerweile enormen Anteils von Geschäften aus dem Bereich Investmentbanking in den Büchern von Banken und Versicherungen ist ein Prüfungsauftrag dieser Branchen aus der Sicht von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mittlerweile ein außerordentlich undankbares und gefährliches Geschäft geworden. Strafzahlung in Millionenhöhe werden vermutlich zur Regel. Das potentielle Risiko einer Strafzahlung spiegelt sich in der Regel in den vereinbarten Prüfungshonoraren nicht wider. Wegen möglicher weiterer unerwarteter Einschläge aufgrund der US – Finanz- Wirtschaftskrise kann das statistische Gesetz der großen Zahlen bei der Prüfung und der Bewertung von Derivaten nicht mehr greifen, da die möglichen Einflußfaktoren nicht als einzelne unabhängige Ereignisse angesehen werden können. Für ein Bewertungsverfahren auf der Basis von statistischen Methoden ist es aber zwingend erforderlich, dass es sich bei den für die Bewertung so bezeichneten beobachtbaren und nicht beobachtbaren Parametern um unabhängige Ereignisse handelt. So genannte „unabhängige Ereignisse” gibt es aber seit der US – Finanz- und Wirtschaftskrise in der Finanzwelt nicht mehr, da die Möglichkeit von Manipulationen grenzenlos und unüberschaubar geworden ist. Auch wenn die vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften aufgrund der Anwesenheitspflicht zu den Wahlen der Gremien der Wirtschaftsprüferkammer eine dominante und asymmetrisch starke Position eingenommen haben, ist nach wie vor eine durchaus

gesunde mittelständische Struktur von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften

vorhanden. Die mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind aber regelmäßig nicht in der Lage, jeweils einzeln die handelsrechtlich erforderlichen Prüfungen bei den großen DAX – Konzernen wegen personeller und organisatorischer Engpässe durchzuführen. Zur Erfüllung der handelsrechtlichen Regularien ist die Sorge in Brüssel daher berechtigt, alle notwendigen Maßnahmen und Vorkehrungen ergreifen zu müssen, um auch in dem Bereich der Wirtschaftsprüfung eine reibungslose Fortbestand des Wirtschaftskreisläufe zu gewährleisten. Aus diesen Gründen wäre es sinnvoll, Geschäftsbanken und Versicherungsgesellschaften ähnlich wie bei Sparkassen und Volksbanken einer zusätzlichen unabhängigen Verbandsprüfung mit einheitlichen Prüfungskriterien und Prüfungsmethoden für Schwerpunktprüfungen zu unterwerfen. Eine globale und allgemeingültige Antwort auf solche Fragen wird Davos nicht liefern können, solange die Eliten in unserer Heimat nicht bereit sind einzusehen, dass für alle Wirtschafts- und Finanzfragen zuerst eine nationale Antwort zu suchen ist, bevor man globale Probleme lösen kann. Hilfreich wäre zum Beispiel heute schon – zum Schutz des Altersvorsorgevermögens – ein Verbot von Derivatgeschäften für Banken und Versicherungen, die Kundengelder im eigenen Namen und für eigene Rechnung verwalten.

Dies forderte der DRSB bereits 2001!

Nun drängt die Zeit, denn ein weiteres dynamisches Fortschreiten der sozialen Ausgrenzung verkraftet unsere Gesellschaftsstruktur nicht mehr.

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