Jahrmarkt der Eitelkeiten

Jahrmarkt der Eitelkeiten?

 

03. Mai 2011

 

Ist die so dargestellte Demokratieverdrossenheit nur ein Schlagwort oder sitzt in Wirklichkeit wesentlich mehr dahinter? Seit dem Rücktritt von zu Guttenberg, S21 und dem plötzlichen Wiederaufleben der Anti – AKW – Bewegung ist den Menschen in unserer Heimat etwas wie Schuppen von den Augen gefallen:

Mehr und mehr geht den Politakteuren
aus allen Parteien der Bezug zur rauen Wirklichkeit verloren.

Es fehlt nicht nur an Verständnis und Einfühlung in die Menschen, die man „REGIEREN” will, sondern vielen Volksvertretern fehlt es schlicht und einfach an Lebenserfahrung. Denn wer zum Beispiel von der Universität direkt in ein Parlament wechselt und niemals um oder für einen Arbeitsplatz kämpfen musste, kennt weder die Ängste und Sorgen noch die damit verbundenen Weiterungen. Meine Aufsätze und Artikel zum Thema des um sich greifenden Brauksiepe – Syndroms in allen Parteien scheinen deshalb in der Bevölkerung auf eine breite Zustimmung zu stoßen. Doch das sogenannte Brauksiepe – Syndrom scheint nur ein kleiner Baustein im morschen Gebäude der Demokratieverdrossenheit zu sein.

 

Vermutlich denken viele Politiker über Wahlumfragen oder über die regelmäßigen Politbarometer anders, weil sie offensichtlich ein völlig verschobenes Bild von ihren Wählern haben. Gemäß den Studienergebnissen des DRSB interessieren sich Politiker aus allen Parteien lediglich für die professionelle Meinungsforschung, weil man Wähler gewinnen möchte, um in Parlamenten einziehen oder bleiben zu können. Denn wer einmal an den prall gefüllten „FLEISCHTÖPFEN” sitzt, möchte dort so lange wie nur möglich verweilen. Die Print- und TV – Medien sowie der regionale und überregionale Dudelfunk wiederum haben das „große” Interesse an der Demoskopie, weil man mit Gewinnen oder Verlusten der Parteien Aufmerksamkeit erregt und damit Leser, Hörer und Seher fesseln kann. Wer die beste Story zuerst liefern kann – ist der „KING DER STUNDE”. Wahl- oder Stimmungsumfragen sind emotional stark gefärbt und entfachen quasi politische Aufregung.

Wer könnte mit wem, wie und wann?
Spannend und nichtssagend zugleich.

Ist nun SCHWARZ / GELB, SCHWARZ / ROT, ROT / GRÜN, GRÜN / ROT oder etwa ROT / GRÜN / ROT oder vielleicht sogar GRÜN / ROT / ROT besser? Schlagkräftige Argumente lassen sich für jedes denkbare Farbenspiel sehr leicht nach jeder Wahl finden.

Nur folgen die vorgenannten
Farbenspiele auch den Wählerwünschen?

Ist eine vermeintlich GRÜN / ROTE Regierung in Baden – Württemberg tatsächlich besser als eine aus SCHWARZ / ROT oder womöglich aus SCHWARZ / ROT / GELB? Vergleicht man die Wahlaussagen und gewichtet sie nach dem neoliberalen Gehalt, dann müssten unter Einbeziehung der FDP in Baden – Württemberg die CDU mit der SPD eine Regierung stellen. Stünde die Nutzmehrung sowie die soziale Gerechtigkeit an erster Stelle, dann dürften mit großen Abstrichen die GRÜNEN völlig allein eine Minderheitsregierung bilden. Zugegeben das wäre so nicht möglich, würde aber weder Anstandsregel noch die Vernunft verletzen. Denn alle anderen denkbaren Koalitionen sind Zweckbündnisse zum Macherhalt oder zur Machtergreifung – Nichts anders! Koalitionspolitisch das einlösen, was im Wahlkampf vollmundig angekündigt wurde, können auch GRÜN / ROT nicht gewährleisten. Der oft zitierte Hinweis in allen Medien auf Wahl- oder Umfrageergebnisse hat also etwas merkwürdig Bestechendes. Man verspricht etwas, erhält dafür die Stimmen des Souveräns [ Wählers ] und kann in einer Regierungskoalition das Versprochene nicht zur Umsetzung bringen. Dabei ist der schlimmste Feind der Demokratie, wenn Wahlverlierer gegen den Machtanspruch des Wahlgewinners eine eigentlich nicht gewollte Regierung bilden.

 

Das ist die größte Quelle aus der die Demokratieverdrossenheit gespeist wird. Denn niemand versteht im Unterbewusstsein warum zwei Parteien eine Regierung bilden wollen, die vorher und in einer neu zu bildenden Regierung völlig unterschiedliche Auffassungen haben. GRÜN / SCHWARZ oder ROT / GELB / GRÜN [ DIE AMPEL ] wären solche unmöglichen Konstellationen. Denn die vorgenannten Farbenspiele sind eher der unerwünschte Ausnahmefall in unserer Heimat und würden den Demokratiegedanken mit Füßen treten. Und SCHWARZ / ROT? Die früher sogenannte „GROSSE KOALITION”, diesen Begriff wird es seit „BW” höchstwahrscheinlich nicht mehr geben und hat die Perversion der Konstellation erst richtig greif- und sichtbar gemacht. Die „fröhliche” Experimentierfreude der Politiker belegt lediglich deren Machtanspruch und die Hoffnung, an den gefüllten Fleischtöpfen sitzen bleiben zu können. Die Wähler werden mit der willfährigen Hilfe der Medien zu machtlosen Lesern, Zuhöreren oder Zuschauern degradiert.

 

Achten Sie einmal in Zukunft genau auf die Darbietungen von Umfrageergebnissen. Sie werden ohne größere Mühe eindeutig feststellen, dass die willfährige, engagierte und ständige Wiederholung von Wahlumfragen eigentlich nicht zum Selbstverständnis eines tatsächlich kritischen Journalismus passt. Denn kaum ein Journalist weist die Menschen in fairer Form auf die statistischen Interpretationsspielräume oder die gravierenden Fehleranfälligkeiten hin. Ganz im Gegenteil. Die Zahlenergebnisse werden mit ernster Mimik sowie mit der Überzeugung der Unumstößlichkeit dem oftmals staunenden Volk verkauft. Manche journalistische Rhetorikübung mutiert sogar zum Selbstzweck oder in einigen Fällen sogar zur Selbstdarstellung. Dieser Jahrmarkt der Eitelkeiten hat in den zurückliegenden 15 Jahren die Demokratieverdrossenheit ausgelöst und die Politiker in ungewollte Zweckbündnisse getrieben. Zugegebener Maßen ohne allzu große Wiederstände aus den Parteien. Die Politiker wurden dadurch zu ängstlich Getriebenen gemacht, deren Gestaltungskraft im Nebel der Wahlumfragen verloren ging. Treibt uns also der Jahrmarkt der Eitelkeiten noch weiter in die Demokratieverdrossenheit?

 

Ist die einzig verbliebene Alternative der sogenannte BÜRGERJOURNALISMUS?
Führt der Weg zur besseren
Demokratie über den Bürgerjournalismus?
Wird das Issue – Tracking zum demokratischen Element?

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