DRSB
Deutscher Rentenschutzbund e.V.
Redaktionsteam
Leitung:
Udo Johann Piasetzky ⋅ Andreas Kallen ⋅ Hans – Josef Leiting
Düsseldorf, den 24. Februar 2008
Friss oder stirb!
Ist die Zeitarbeit nur billige Arbeit auf Abruf?
Seit nunmehr 32 Jahren gibt es in Deutschland Zeitarbeitsfirmen. Anfänglich waren die deutschen Bürger von der neuen Idee, die aus Amerika importiert wurde, durchaus angetan. Man glaubte nämlich jahrelang, dass mit der Zeitarbeit ausschließlich – schnell und unbürokratisch – zeitweilige Arbeitsspitzen bei Unternehmen abgedeckt werden sollten.
Besonders Hausfrauen und Mütter nutzten die flexiblen Arbeitszeiten um wieder in das Berufsleben einzusteigen.
In Wirklichkeit wurde die Zeitarbeit ausschließlich aufgrund der Erfahrungen, die man in den USA mit Lohndumping gemacht hatte, eingeführt.
Gemäß der Empfehlungen der
Chicagoer Schule
gliederte man gesamte Unternehmensbereiche aus und ließ die Arbeit von so genannten
Leiharbeitern
erledigen. In der Regel wurden die gleichen Mitarbeiter verpflichtet, die vor der Ausgliederung einen festen Arbeitsplatz innehatten.
So ersparte man sich zusätzliche Kosten für eine teure Einarbeitung.
Die gefeuerten ehemaligen Mitarbeiter von den Unternehmen erhielten aber nur ein
Hungerlohnangebot,
so ganz nach dem Motto:
Friss oder stirb!
Für die meisten Industrieunternehmen, Dienstleister, Handelskonzerne, Banken und Versicherungsgesellschaften wurde die Leiharbeit zu einem äußerst profitablen Geschäft.
Aus der Sicht der ausgliedernden Unternehmen wurden parallel mehrere Effekte erzielt:
Deutliche Absenkung der Lohnkosten,
Abbau von Urlaubsansprüchen,
Vermeidung von Abfindungszahlungen,
Arbeitszeitverlängerung,
Eliminierung der Lohnnebenkosten,
Aushebelung der Mitbestimmung
und
Verhinderung von Gewerkschaftsaktivitäten.
Den deutschen Markt teilen sich heute weit mehr als 1500 Zeitarbeitsfirmen, die von ihren Auftraggebern in der Regel zwei- bis zweieinhalb Mal so viel kassieren, wie sie ihren quasi hilflosen, auf Gedeih und Verderb ausgelieferten
Leiharbeitern
zahlen.
Im Jahr 2003 wurde mit der Hartz – IV – Gesetzgebung ein so genanntes
Equal – pay – Gebot
in das Gesetz aufgenommen. Durch diese Regelung sollten Leiharbeiter genauso vergütet werden wie die Stammmitarbeiter der Auftraggeber.
Das hätte bewirkt, dass alle Mitarbeiter, die am
gleichen Arbeitsplatz arbeiten, auch den gleichen Lohn bekommen.
Quasi zeitgleich mit der Einführung des
Equal – pay – Gebotes
setzten es die neoliberalen und korporatistisch geprägten Politiker der
SPD und der Grünen
diese vernünftige Regelung außer Kraft. Als vordergründige Rechtfertigung galten eigene Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche, die es aber zu diesem Zeitpunkt gar nicht gab.
So kam es 2003 dazu, dass man zunächst erfolglos mit dem DGB Tarifverhandlungen führte.
Mit der tatkräftigen Unterstützung des Christlichen Gewerkschaftsbundes gelang es dann aber doch noch einigermaßen „marktverträgliche” Vergütungssysteme abzuschließen.
Mit der Gesetzesreform 2004, der
Rot – Grünen Ex – Regierung
kam es zu einem großen Dammbruch. Sämtliche Beschränkungen, wann und warum eigentlich ein Unternehmen Leiharbeiter beschäftigen durfte, fielen weg.
Denn unter der Federführung des ehemaligen
„SPD – Superministers”
Wolfgang Clement,
der nach seinen politischen Abenteuer nun für das Zeitarbeitsunternehmen Adecco tätig ist, wurden jede Menge Ausnahmen festgeschrieben, die zur Regel wurden:
1.
Vom Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit kann abgewichen werden, wenn ein Tarifvertrag besteht.
2.
Das Geschäftsrisiko trägt jetzt oft der Leiharbeiter und nicht das Unternehmen.
3.
Wegfall der Beschäftigungshöchstdauer, des Synchronisationsverbots und des Befristungsverbots.
Damit wurden Leiharbeiter quasi zum „Freiwild” und endgültig zur verfügbaren „Rangiermasse” auf dem Arbeitsmarkt abgestempelt. Unternehmen konnten jetzt nicht mehr nur kurzfristige Produktionsspitzen abfangen, sondern langfristig Dauerarbeitsplätze ersetzen.
Zeitarbeitsunternehmen und Auftraggeber wurden erst durch den so genannten
„SPD – Superminister”
Wolfgang Clement,
in die komfortable Lage versetzt, bewegliche Mitarbeiter zu beschäftigen, die – ohne große Ankündigung und Probleme – zu jeder Zeit an die Auftragslage angepasst werden konnten.
Zwangsweise Urlaub machen oder ein Zeitkonto abbummeln sowie kurzfristige Schichtänderungen wurden zum Beispiel nicht nur beim BMW – Konzern zum Regelfall.
Verliert die Zeitarbeitsfirma ihre Aufträge, dann wird eben auch der Leiharbeiter gekündigt.
Mit der „clementschen”
Entgrenzung der Leiharbeit
und mit der Hilfe der so genannten Personal – Service – Agenturen der Arbeitsämter sollten bis zu
900.000 arbeitslose Bürger
in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden. Diese vorgebliche Hoffnung der korporatistischen Politiker hat sich nicht erfüllt.
Die
Leiharbeit
schaffte nur in ganz geringem Maße tatsächlich neue und kaum sichere Arbeitsplätze.
Hauptsächlich dient die Leiharbeit
dazu sichere Langfristarbeitsplätze zu vernichten und die
Organisation sowie die Verteilung
gering qualifizierter Arbeiter einfacher zu gestalten.
Darüber hinaus verschlechtert sie
die Arbeitsbedingungen und die Einkommensmöglichkeiten für alle Bürger.
Nachdem im Jahr 2004 viele Beschränkungen der Leiharbeit mit der tatkräftigen Hilfe des
„SPD – Superministers”
Wolfgang Clement
wegfielen, herrscht bei den Zeitarbeitsfirmen und deren Auftraggebern eine regelrechte
Goldgräberstimmung.
Auch der DGB hat sich beim aushandeln der
Flächentarifverträge
mit den Verbänden
BZA
Bundesvereinigung deutscher Zeitarbeitsunternehmen
und der
IGZ
Interessensgemeinschaft deutscher Zeitarbeitsunternehmen,
nicht mit Ruhm bekleckern können.
Es ist schon sehr merkwürdig, wenn
mit einem neuen Tarifvertrag Lohnsenkungen vereinbart werden,
an Stelle der eigentlich erwarteten Lohnerhöhungen.
Unterschiedliche Flächentarifverträge, die den Lohn nach unten drücken, so etwas ist schon einmalig in der Gewerkschaftsgeschichte, teilten dem DRSB e.V. viele verärgerte und enttäuschte Gewerkschaftler mit.
Sehr niedrige Eingangsstufen drücken erheblich den Gesamtlohn.
Zeitarbeitskonten, Zwangsurlaub und die falsche Eingruppierung in zu niedrige Lohnstufen drehen ebenfalls an der Lohnschraube.
Das ist ein sinnloses und nutzloses Ergebnis der beiden Flächentarife des
DGB
und des
Christlichen Gewerkschaftsbundes,
wenn man bedenkt, dass es zusätzlich noch jede Menge so genannter Haustarife gibt.
Die untaugliche Kampagne der
IG – Metall
vor drei Jahren
„Gleiche Arbeit, gleiches Geld”
kamen deshalb über den Feigenblatt – Status niemals hinaus.
Im Jahr 2007 ging der gesamte Beschäftigungsaufbau zu einem Viertel auf die Zeitarbeit zurück, damit wurde die
Leiharbeit zum Armutskatapult.
Dieser Missstand muss schnellstens behoben und dem
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
endlich ein massiver Riegel vorgeschoben werden.
Wenn in Deutschland konzernintern ganze Abteilungen
outgesourced
- ausgegliedert -
werden können, diese Abteilungen dann außerhalb des Konzerns sich in Gänze ansiedeln und die Bürger, die in diesen Abteilung beschäftigt waren, wieder ausgeliehen werden von den ausgliedernden Konzernen, damit die gleichen Bürger für die gleiche Arbeit dann auf einmal nach einem anderen Tarifvertrag mit einem niedrigeren Gehalt bezahlt werden, dann zeigt der
Korporatismus der Chicagoer Schule
seine vollständige diabolische Fratze.
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt zeigt deutlich,
wie brutal und rücksichtslos neoliberale, korporatistische SPDler,
wie zum Beispiel
Wolfgang Clement,
deutsche Bürger
in vollem Bewusstsein in die Armut treiben.
Mutlosigkeit und Angst
dürfen nicht zum ständigen Begleiter der deutschen Bürger werden.
DRSB
Wir kämpfen seit 20 Jahren mit der Stimme der Demokratie
für
einen modernen Sozialstaat,
sichere, langfristige Arbeitsplätze,
sinnvolle, gerechte und lernfähige Rentensysteme,
sichere, gerechte und leistungsfähige Sozialsysteme,
und für
korruptionsfreie Demokratie in Deutschland und der EU.