„Die Nachwehen der US – Kriege”
Teil 97
Wishful Thinking
ersetzt keine nachhaltige Entwicklungsstrategie
25. März 2011
Eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung bedeutet stets Wohlstand für viele Menschen, ohne dabei die Umwelt zu zerstören. Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklungen erfordern mindestens drei grundlegende Veränderungen.
1.
Eine gut laufende Volkswirtschaft sollte darauf achten, dass möglichst breit gestreute zukunftsorientierte Technologien flächendeckend zum Einsatz kommen. Dadurch entstehen Industriearbeitsplätze mit hoher Verweildauer.
2.
In ärmeren Regionen muss die Bevölkerung durch systematische Einbindung in die Prozessabläufe stabilisiert werden, damit ein Großteil der Bevölkerung der Armutsfalle entkommen kann.
3.
Industriealisierung, soziale Stabilisierung und umweltverträgliche Technologien bilden die Grundlage für jede nachhaltige volkswirtschaftliche Entwicklung.
So wird es an amerikanischen Universitäten im Grundsatz vermittelt, denn man weiß, dass die Kräfte des Marktes allein die Probleme beim Aufbau eines Landes nicht lösen können. Der Markt allein wird nachhaltige Technologien, die man im 21. Jahrhundert benötigt, nicht hervorbringen wollen. Das alles wusste man in Washington bevor man daran ging, den Irak zu demokratisieren. Nun sind die USA nicht gerade bekannt für vornehme Zurückhaltung bei der Umsetzung ihrer selbst gesteckten Ziele. Im Weißen Haus war man anfänglich so extrem besessen von den Gedanken, nach Saddam Hussein im Irak eine vorbildliche Demokratie und neue Ökonomie aufzubauen, sodass man zu Beginn der Besatzungszeit sogar beschloss, die Iraker mit einer völlig neuen Währung zu beglücken. Die neuen irakischen Geldscheine wurden von der Spezialfirma De La Rue gedruckt und konfektioniert. Danach wurde das neue Geld in den Irak verbracht und mit mehreren tausend schwer gepanzerten Fahrzeugen im ganzen Land zur Verteilung gebracht. Eigentlich eine logistische Glanzleistung, wenn man außer acht lässt, dass zu dem Verteilerzeitpunkt über 70% der irakischen Bevölkerung kein sauberes Trinkwasser hatte und knapp 60% auf elektrischen Strom verzichten musste. Mit neuen Geldscheinen löscht man keinen Durst, kann sich nicht waschen und selbst die tägliche Essenszubereitung ist nur mit neuen Geldscheinen nicht möglich. Aber es kommt noch wesentlich besser, denn bevorzugt amerikanische Investoren durften die im besetzten Irak erzielten Gewinne zu 100% aus dem Land bringen.
Die Finanzinvestoren waren davon befreit, ihre auf Kosten der Bevölkerung erzielten Profite im Land zu reinvestieren, sodass bis heute keine nachhaltige Wirtschaftsstruktur aufgebaut werden konnte. Es versteht sich quasi von selbst, dass alle amerikanischen Finanzinvestoren keinerlei Steuern zu zahlen hatten. Man verdient noch immer also BRUTTO für NETTO. Der einzige Wirtschaftszweig, in dem die Amerikaner anfangs selbstauferlegte Zurückhaltung übten, war die Erdölgewinnung und Verarbeitung. Man befürchtete völlig zu Recht, dass bei einem Investorenzugriff auf die staatliche Erdölgesellschaft sowie auf noch unerschlossene Erdölreserven die irakische Bevölkerung ein solches Vorgehen als kriegerischen Akt der Missachtung verstehen würde. Viele werden es für einen aus dem Ruder gelaufenen Karnevalswitz halten – aber General Motors plante tatsächlich den Bau einer Autofabrik in der Wüste. Im Finanzsektor erhielt die HSBC Bank aus London die uneingeschränkte Lizenz, überall im Irak Bankfilialen zu eröffnen. Die Citigroup wollte sogar an große Teile der Bevölkerung sogenannte Konsumerkredite zu Niedrigstzinsen vergeben. Dazu kam es jedoch nicht mehr, denn die US – Finanz- und Wirtschaftskrise machte diesem „lustigen” Treiben ein Ende. Was aber genau mit den für den Wiederaufbau des Irak bereitgestellten Milliarden US – Dollar geschah, ist bis heute ungeklärt. Man verpasste die Chance, die vom Krieg zerstörten Volkswirtschaften wieder zu eigenständischen Märkten zu entwickeln und sichere Arbeitsplätze zu schaffen, die man mit einem einheimisch affinen System der sozialen Sicherung kombinieren wollte. Hörte sich in der Theorie phantastisch an und wurde in der Praxis niemals eingesetzt. Das Ergebnis ist eine vollkommen zerstörte Infrastruktur sowie eine daniederliegende Volkswirtschaft. Diese Schwäche der USA ist natürlich in Tunesien, Lybien oder Ägypten bekannt und zeigt den Menschen dort die im Grunde genommene Unterlegenheit des amerikanischen Killer – Kapitalismus. Denn was unter der Führung von George Walker Bush und Barack Obama an sogenannter Wiederaufbauarbeit geleistet wurde, entbehrt sachlich betrachtet, jeglicher sinnvollen oder gar nachhaltigen Entwicklungsstrategie. Ob nun in Bagdad oder Kabul – nach der Invasion und nach dem Verlassen der US – Truppen werden die Länder erneut im volkswirtschaftlichen Chaos versinken. Der Verlust des wirtschaftlichen Innovations- und Wachstumspotenzials, verbunden mit der unvermeidlichen Flächenarmut, ist das, was in den Köpfen der Menschen für alle Zukunft hängen bleibt. Amerikanisches
Wishful Thinking
wird in den Regionen noch besetzter Ländern zum Motor für Untergangsphantasien.