„Die Nachwehen der US – Kriege”
Teil 94
Neue Mitspieler
31. Januar 2011
Die Welt steht am Anfang einer epochalen Umwälzung der Weltwirtschaft sowie der internationalen poltischen Bühne. Wenn sich die Börsenwelt wieder normalisiert und sich das prägende Zeitalter von Bretton Woods II seinem Ende zuneigt, dann wird die Volkswirtschaft der USA jegliche Dynamik verloren haben. Der US – Dollar ist dann nicht nur die Währung des Landes, sondern urplötzlich ein unlösbares Problem für die Mächtigen in Washington. Dieser Realität werden sich die USA stellen müssen, denn seit Januar 2011 rechnet der Iran seine Erdöllieferungen nicht mehr in US – Dollar ab.
Die Machtverschiebung
geht nun deutlich schneller von den USA in Richtung Asien.
Ob nun Kupfer, Nickel, Zinn, Gold oder Diamanten – alle Rohstoffe werden aufgrund der unvorstellbar großen Nachfrage der Chinesen knapper. Bei nahezu jeder Rohstoffart werden China und Indien zum globalen Preistreiber. Bei den meisten Rohstoffen ist die Volksrepublik China bereits der größte Abnehmer der Welt. Kein Land verbraucht zurzeit mehr Kupfer, Zinn, Zink, Gold oder auch Platinum. Für Blei, Gummi, Aluminium oder Nickel sind die Chinesen unstrittig auf Platz zwei.
Ein Boom für alle Rohstofflieferanten, denn die Rohstoffpreise steigen gewaltig an. Für die USA und selbst für Westeuropa ist dagegen diese Entwicklung verheerend. Rein ökonomisch betrachtet ist es sogar ein Desaster, denn die Nachwehen der US – Finanz- und Wirtschaftskrise wollen nicht abflauen. Indien und Iran befinden sich seit Anfang Januar in einem handfesten Währungsstreit. Die Iraner weigern sich standhaft, von indischen Unternehmen weiterhin Zahlungen in US – Dollar für zu lieferndes Erdöl anzunehmen.
Die Regierung In Teheran begründet diesen ungewöhnlichen Schritt mit den von den USA inszenierten internationalen Sanktionen gegen den Iran. Zwar werden die indischen Ölkonzerne Indian Oil und Hindustan Petroleum zunächst auf Kreditbasis mit iranischem Rohöl beliefert, doch diese Vereinbarung ist nur für rund 90 Tage gültig. Danach könnten Erdöllieferungen völlig gestoppt werden, so dass der Zwist in einen handfesten Währungsstreit mit Signalwirkung umschlagen könnte. Die ohnehin angespannte Situation auf allen Rohstoffmärkten verschärft sich dadurch exponentiell. Man muss schon die Gelassenheit bewundern, mit der die meisten europäischen Politiker die unerfreuliche Entwicklung wahrnehmen. Möglicherweise stecken die Wissenden auch einfach nur den Kopf in den Sand und hoffen auf ein vorübergehendes Phänomen. Was da seit Januar passiert, hat es in dieser Form noch nie gegeben. Der schwelende Streit über die künftige Bezahlung für Erdöl zwischen Iran und Indien wird höchstwahrscheinlich kein Einzelfall bleiben, denn die hemmungslose Vermehrung der US – Dollar [ Helikopter - Ben - Syndrom ] beschleunigt diesen unguten Prozess mit HIGHSPEED. Da hilft auch kein Schönreden der Europäer weiter, denn der Euro könnte im internationalen Zahlungsverkehr genauso betroffen werden. Die Iraner hatten zwar kurzfristig die Zahlungen auf Euro umgestellt, doch zwischenzeitlich wurde der Erdölhandel auf japanische Yen und Dirham aus den Vereinigten Arabischen Emiraten umgestellt. Die US – Dollar – Abstinenz wird bis Ende Februar 2011 den Druck auf Indien wesentlich erhöhen, so dass dadurch ein Wohlverhalten erzwungen werden könnte, möchte man in Indien nicht mit einer dauerhaften Erdölverknappung leben. Iran hat mit seiner Währungsaktion den Sicherheitsrahmen der
Asian Clearing Union
[ ACU ]
gesprengt. Der in Abu Dhabi ansässigen ACU gehören neben Indien, Pakistan und Iran zahlreiche kleinere asiatische Länder an. Die ACU wickelte bis zum Crash den gesamten Zahlungsverkehr zwischen diesen Ländern auf Basis von US – Dollar oder Euro ab. Jetzt folgt die nächste Runde im Kampf ums Erdöl. Der Kampf um die US – Dollarverdrängung könnte in Washington den Wunsch auslösen, die geplante Invasion des Irans zu aktualisieren. Für die Rohstoffländer Brasilien, über Russland bis hin zu Zimbabwe
ist der jüngste Streit nicht weiter hinderlich. Man beobachtet das ablaufende wirtschaftliche Szenario und hofft selbst darauf. keine Rohstoffe mehr gegen US – Dollar liefern zu müssen. Der Iran hat die Rohstoffmärkte also auf Jahre hinaus verändert, denn es ist nur eine Frage der Zeit bis andere Rohstoffabnehmer unter dem wirtschaftlichen Druck genauso agieren werden wie Indien. Vermutlich wird demnächst US – Präsident Barack Obama als Staatsgast nicht so besonders willkommen sein.
Auf die USA können alle verzichten – auf Rohstoffe nicht.
Damit nicht genug: Es ist schon sehr bemerkenswert, dass Indien sich dem Ausweichen auf andere Währungen verweigert, weil die anderen iranischen Erdölabnehmer sich anders verhalten.
China und Japan
zum Beispiel wickeln ihre Erdöleinkäufe bei der
National Iranian Oil Company
[ NIOC ]
über Westeuropa ab. Südkorea dagegen verrechnet seine Erdölbezüge mit dem Iran durch eigene gleichwertige Warenlieferungen. Ein solcher „Warenaustausch” ist wegen der großen Handelsbilanzungleichheit Indiens mit Iran zwischen diesen Ländern nicht praktikabel.
Erdölreichtum wird so zu einer wirtschaftlichen Waffe gegen den US – Dollar, denn der Iran ist der zweitgrößte Erdölförderer des Ölkartells Opec und verfügt nach offiziellen Angaben über 137,6 Millionen Barrel [ ein Barrel gleich 159 Liter ]. Das sind rund gerechnet 10,5% der weltweiten Erdölreserven. Die Hauptabnehmer für iranisches Erdöl sind immer noch China, Japan, Südkorea und Indien, obwohl die Erdöllieferungen nach Europa ab 2010 wieder stark zugenommen haben. Ab Januar 2011 stellt der Iran
erstmals seit 36 Jahren wieder den Präsidenten der Opec.
Ein weiteres Aufbruchsignal für andere Mitglieder der Opec?
Denn dadurch könnte sich der Teufelskreis für den US – Dollar schließen:
Nur noch Opec – Erdöl
gegen gewünschte Währung oder gleichwertige Waren.
Bevor man nun die Frage beantwortet, wie so etwas so plötzlich geschehen konnte, sollte man einen historischen Rückblick wagen. Erdölkrisen sind keine neue Erscheinung, aber die Verweigerung der Annahme von US – Dollar ist eine neue Dimension in den wirtschaftlichen Kreisläufen. Das irrationale Verhalten der amerikanischen Börsen – Junkies und die maßlose Gier der Banker in den USA haben diesen Prozess losgetreten. In den globalen Märkten passieren extrem merkwürdige Dinge, doch das einmal der Iran dem US – Dollar den Todesstoß versetzen könnte, damit hat niemand in Washington gerechnet. Die Kernfrage ist nur:
Wie reagieren die USA auf diesen herben Niederschlag?
Denn salopp formuliert können sich die USA nach Irak und Afghanistan einen weiteren Kriegsschauplatz nicht mehr leisten. Die notwendige Voraussetzung für jeden amerikanischen Wirtschaftsfeldzug war nämlich bisher ein stabiler und allgemein akzeptierter US – Dollar. Damit dürfte es in diesem Jahr Schluss sein. Der Iran hat durch seine Aktion den berühmten Spruch von Winston Churchill grandios widerlegt:
„Die Amerikaner treffen am Ende
immer die richtige Entscheidung – nachdem sie alle Alternativen vorher ausprobiert haben”.
Die neuen Mitspieler auf der internationalen Wirtschaftsbühne werden eine solche Wendung nicht mehr zulassen.