Die Nachwehen der US Kriege 2010 03 19

Die Nachwehen der USKriege
- Teil 73 -

Full Metal Jacket

 

19. März 2010

 

Der auf einem verfallenen Industriegelände in der Nähe von London gedrehte kritische

[ Anti- ] Kriegsfilm

Full Metal Jacket

aus dem Jahr 1987 ist eines der letzten Werke des eigenwilligen Regisseurs

Stanley Kubrick.

Der Filmname bezieht sich auf die englische Bezeichnung für Vollmantelgeschosse, die als Infanteriemunition noch heute zum Einsatz kommen:

full metal jacket bullet.

Die außergewöhnlich brutale Darstellung von skurilen, aber realistisch umgesetzten Kampfhandlungen sowie das sadistische Quälen der amerikanischen Rekruten unter der ständigen Verwendung zahlreicher rassistischer und sexistischer Schimpfwörter, führte dazu, dass man dem filmischen Meisterwerk von Stanley Kubrick in den USA und in England die so genannte Jugendfreigabe verwehrte. Viele amerikanische Politiker in Washington sprachen nach der Erstaufführung von obszönen Verdrehungen der Realität.

Warum wohl?

Trotzdem zählt das Meisterwerk der internationalen Filmkunst aus den späten achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu den besten Kriegsfilmen. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass der gesamte Film von amerikanischen Vietnam – Veteranen als authentisch angesehen wird, obwohl er in der Umgebung von London gedreht wurde.

Lediglich zur Anreicherung verwendete Stanley Kubrick für seinen Film Archivmaterial über den Vietnamkrieg.

Da in den meisten Vietnam – Kriegsfilmen lediglich reines, verblödendes

Actionkino

mit sparsamen Dialogen zu sehen ist [ siehe Rambo, Deer Hunter oder Coming Home ], wollte der Regisseur Kubrick sich auf das Wesentliche beschränken und das von den Medien verdrängte hässliche Gesicht des Krieges zeigen.

Schon der Vorspann des Films beschränkt sich auf das Nötigste und besteht nur aus zwei Schriftzügen:

A Stanley Kubrick Production

und

Full Metal Jacket.

Alle Mitwirkenden Schauspieler und die Mitarbeiter der Filmcrew werden erst im Abspann des Kriegsfilms aufgeführt.

Für sein filmisches Meisterwerk griff Stanley Kubrick auf mehrere Aufsätze von Kriegsberichterstattern zurück und kombinierte seine Geschichte mit einigen leicht veränderten Figuren aus dem Buch

The Short Timers von Gustav Hasford.

Gustav Hasford versuchte vermutlich in diesem 1979 erschienenen Buch seine Erlebnisse als Sergeant im US – Marine Corps zu verarbeiten.

Ausgebildet wurde Gustav Hasford auf Paris Island in South Carolina von einem

Drill Instructor

[ Ausbilder ]

namens Gerheim.

Nach den gemachten Erfahrungen im Ausbildungslager diente Hasford in Vietnam erst bei der Soldatenzeitung

Stars and Stripes.

Später wurde er möglicherweise auf Grund seiner sehr kritischen Einstellung zum Vietnamkrieg in eine Kampfeinheit versetzt.

Wie in vielen Armeen dieser Welt geben sich Soldaten, die in Kampfhandlungen verwickelt werden, aus psychologischen Gründen so genannte

Kampfnamen.

Der Kampfname von Gustav Hasford lautete wie der der Hauptfigur im Kriegsfilm von Stanley Kubrick:

Joker.

Die meisten Dialoge schrieb aber Michael Herr, der ebenfalls als Kriegsberichterstatter in Vietnam die ungeschminkte Realität und Brutalität des Krieges erleben durfte.

Der in

Full Metal Jacket

zu sehende Drill Instructor Sergeant Hartman war eigentlich nur als Berater für Stanley Kubrick engagiert worden, denn

R. Lee Ermey

diente einst selbst als Ausbilder im Marine Corps und sollte lediglich die entsprechenden Ausbildungs – Szenen begutachten und überwachen.

Als er für eine Filmszene seine Fähigkeiten demonstrierte, wurde er dabei gefilmt, wie er 15 Minuten ununterbrochen Obszönitäten und Beleidigungen brüllte.

R. Lee Ermey

wiederholte sich bei dieser rhetorischen Meisterleistung kein einziges Mal, so dass Stanley Kubrick von der Vorstellung des Beraters begeistert war.

Selbst Ermey leckte Filmblut und fragte Kubrick, ob er den Drill Instructor spielen dürfte. Stanley Kubrick verneinte die Frage, so dass aus Frustration und Verärgerung R. Lee Ermey den Regisseur anblaffte, aufzustehen und Haltung anzunehmen, wenn er von ihm angesprochen werde.

Stanley Kubrick war anscheinend so verblüfft von dieser ungewohnten Ansprache, dass er instinktiv aufsprang und danach dem echten Drill Instructor Ermey die Rolle gab.

Übrigens war diese „Rolle” für den Filmneuling

R. Lee Ermey

der Beginn einer langen Filmkarriere, in der Ermey vor allem heldenhafte US – Soldaten spielen musste.

Full Metal Jacket

aber verlieh der Filmneuling eine tief unter die Haut gehende Glaubwürdigkeit. Es waren aber nicht nur die Darbietungen von Ermey die den Kriegsfilm äußerst real wirken lassen.

Bereits die erste Szene, in der den ahnungslosen, unglücklichen Rekruten die Haare geschoren werden und ihnen dadurch ein großer Teil ihrer persönlichen Individualität genommen wird, lässt erkennen, was in einem echten

Krieg

in Wahrheit auf die Akteure wartet:

Weder Heldentum noch Glanz und Gloria

sondern

Verwundung, Verstümmelung oder der Tod.

Auch die Detailversessenheit von Stanley Kubrick, der alle Darsteller 20 Jahre alte Original – Lebensmittelrationen der US – Armee aus dem Vietnamkrieg essen ließ, spiegelt sich in den Gesichtern der Darsteller wieder.

Der gesamte Kriegsfilm ist durchzogen von Jokers pazifistischem Gedankengut und baut bedingt dadurch eine antikriegerische, schwer depressive Atmosphäre auf. Der gesamte Film beobachtet quasi den Kriegsalltag kommentarlos und zeigt durch die teilnahmslose Kamerabegleitung der Soldaten sowie durch die Wiedergabe von belanglosen Dialogen wie schizophren jede Art von Kriegshandlungen sein können und verschafft der fiktiven Handlung parallel dazu einen dokumentarischen Charakter.

Diese enorme Darstellungskraft hat dem Kriegsfilm bei seiner ersten Aufführung extrem negative Beurteilungen durch Politiker und Medien eingebracht.

Die Soldaten mit den Kampfnamen

Joker, Schneewittchen, Cowboy und Paula

verschmelzen sehr schnell mit den Zuschauern, die sich noch heute sofort durch den bemerkenswerten Kubrick – Film nach Vietnam zurück versetzt sehen.

Der Name

Full Metal Jacket

wurde deshalb schon damals zum Synonym für das militärische Versagen der USA.

Noch heute gilt das Meisterwerk von Stanley Kubrick im Pentagon als zynischer

Versuch, die Leistungsfähigkeit der US – Armee vorsätzlich herabzusetzen.

Es bleibt also zu bezweifeln, dass in naher Zukunft nach den zu erwartenden militärischen Desastern in Afghanistan und im Irak, ein engagierter aufgeweckter Regisseur die Chance bekommt, den Krieg so zu zeigen, wie er in Wirklichkeit ist.

Full Metal Jacket

bleibt somit ein ewiges Mahnmal gegen jede Art von Krieg und Soldatenausbildung, wie es höchstwahrscheinlich sogar die fragwürdigen Rituale und Vorfälle in der deutschen Bundeswehr zu belegen scheinen.

Drill Instructoren, wie zum Beispiel

R. Lee Ermey,

wollen offensichtlich nicht aussterben und werden weiterhin von verantwortungslosen Politikern am Leben gehalten.

 

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Deutscher Rentenschutzbund e.V.

 

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