Das Wort am Sonntag – 21. Auguts 2011

Das Wort am Sonntag

 

Selbstmord einer deutschen Partei?

 

21. August 2011

 

 

Seit dem Bestehen der BRD haben viele politische Gruppierungen und Parteien versucht an die Macht zu gelangen. Nur wenigen ist dieser Sprung in die deutschen Parlamente gelungen. Die meisten hoffnungsfroh gestarteten Parteigründungen verloren sich im Nirwana der Selbstzerfleischung oder gingen an ihren elementaren strategischen Fehlentscheidungen zugrunde.

Nicht so die FDP.

Den vorgeblich liberalen Protagonisten gelang es über einen Zeitraum von rund fünfzig Jahren nicht nur Parlamentssitze zu erobern, sondern auch in regelmäßigen Abständen an Regierungsbildungen beteiligt zu werden.

Zwar ständig als der „kleine Juniorpartner“ – aber immer dabei.

Die Fähigkeit, im direkten massenmedialen Kontakt zu den Menschen in unserer Heimat zu treten gehörte zu keiner Zeit zu den Stärken der FDP. Selbst in den viel gelobten

GenschmanZeiten

gelang es der FDP niemals die Kommunikations – Reichweiten ins Volk zu vergrößern. Im Gegenteil – man betrieb wo immer es möglich erschien separatistische Klientelpolitik.  

Die Einflussnahme der UPPER – TEN auf die FDP – Politiker und ihre Partei, die bis heute größtenteils über massive Geldzuwendungen praktiziert wurde, hat nun einen Siedepunkt erreicht, an dem die praktizierte [ neo- ] liberale Politik mit dem tatsächlichen Zustand unserer Gesellschaft nicht mehr das Geringste zu tun hat. Schon die so genannte

„Mövenpicksteuer“

machte den damals noch treuen FDP – Wählern deutlich, dass diese Partei weder die Interessen des Mittelstandes noch die der Freiberufler und Selbständigen vertritt.  In ihrem heutigen desolaten Zustand hat die FDP gar nichts mehr mit echtem Liberalismus oder mit der sozialen Marktwirtschaft zu tun und kann sich nicht mehr um die drängenden Hauptprobleme unserer Bevölkerung kümmern.

Wie das aktuelle Beispiel des angestrebten Steuerabkommens mit der Schweiz zeigt, möchte man kurz vor dem politischen Selbstmord noch die fiskalischen, strafrechtlichen und politische Auswirkungen für Steuerstraftäter in „trockene Tücher“ bringen. Unbeachtet dessen, dass das deutsche Steuerrecht die folgenden sieben Einkunftsarten kennt

1.

Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

2.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

3.

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

4.

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

5.

Einkünfte aus Kapitalvermögen

6.

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

7.

Sonstige Einkünfte [Renteneinkünfte und Spekulationseinkünfte],

möchte man die Steuerflucht aus unserer Heimat noch „rasch“ durch die Hintertür legalisieren. Denn regulär entstehen in Deutschland vergleichsweise für so genannte „Alt – Anlagen“ bei ehrlichen Bürgern, die ihre Einnahmen nicht als Schwarzgeld in der Schweiz bunkern konnten, folgende Steuern:

1.

Umsatzsteuer 19 % von den Einnahmen [ Einkunftsarten 1 -  3 ]

2.

Einkommensteuer bis zu 45 % von den Einkünften

3.

Solidaritätszuschlag 5,5 % von der Einkommensteuer

4.

Kirchensteuer 8 oder 9 % von der Einkommensteuer

5.

Gewerbesteuer bis circa 25 % von den Einkünften [Einkunftsart 2].

Auf das deutsche Schwarzgeldvolumen in Höhe von geschätzten 400 Milliarden Euro in der Schweiz könnten also im Extremfall in unserer Heimat bis zu rund 70% Steuern anfallen. Selbst in einem angenommenen Mittelwert wären das geschätzte 200 Milliarden Euro Geldsegen für unsere gebeutelten Staatskassen.

Mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2009 unterliegen die Einkünfte aus solchen Kapitalvermögen einer Abgeltungssteuer von 25%, die mit dem Solidaritätszuschlag insgesamt

26,375 % ausmacht. Nur „DIESER“ äußerst geringe Steuersatz von 26,375 % ist also der „KERN“ der Vereinbarung mit der Schweiz für den vereinbarten Abgeltungsteuersatz, der zukünftig für den deutschen Fiskus von deutschen Bürgern anonym auf Kapitaleinkünfte in der Schweiz einbehalten werden soll. Unterstellt einmal die geschätzten 400 Milliarden Euro Schwarzgeld in der Schweiz würden 8% Zinsen erwirtschaften, dann müssten Schweizer Banken lediglich von dem Kapitalertrag in Höhe von 32 Milliarden Euro die 26,375% Steuer an den deutschen Staat abführen.

Ein Tropfen auf den heißen Stein!

Das wäre dann das größte Steuergeschenk seit dem Bestehen der BRD an die vermögenden oberen Zehntausend. Ohne Berücksichtigung der zukünftigen Straffreiheit, die – und das hat der Fall Zumwinkel gezeigt – unbezahlbar ist.

Was zurzeit in der FDP passiert ist, weckt den Verdacht, dass dort einige ihrer Top – Politiker dem Tod ihrer Partei durch Selbstmord zuvorkommen wollen, denn die Freien Demokraten wissen schon seit Monaten, dass die Gastspiele in deutschen Parlamenten zu Ende gehen.

Straf- und Steuerfreiheit für die oberen Zehntausend – dieser Plan kann sicherlich noch scheitern, aber schon der Gedanke, dass die FDP ihren Koalitionspartnern CDU / CSU diese politische Marterung zumuten, ist ziemlich erschreckend. Die Empörung in der Bevölkerung wächst quasi stündlich und vor allem abhängig Beschäftigte, Handwerker, mittelständische Unternehmer, Freiberufler sowie Selbständige und viele aktuellen Rentenbezieher realisieren, dass sie jahrelang von den Chefprotagonisten der FDP schwer verschaukelt wurden. 

Was diese vermeintlich liberalen Separatisten noch zu verbinden scheint, ist die gemeinsame Abneigung gegen die Mehrheit der Menschen in unserer Heimat, denn gemeiner, brutaler  und hinterlistiger kann man Neoliberalismus nicht mehr praktizieren. Selbst die schärften neoliberalen Hardliner in Washington könnten von Westerwelle, Brüderle, Rösler, Bahr und vor allem von Christian Lindner noch viel lernen.

Jahrelang ging man mit dem dümmsten Thema, nämlich „Steuersenkungen“, auf Wählerfang. Doch nun sind selbst die gutmutigsten FDP – Sympathisanten aus dem Tiefschlaf erwacht. Zwischen dem Volk und der FDP finden zurzeit eklatante Kommunikationsverluste statt, denn welches FDP – Mitglied will noch dieses einmalige Steuergeschenk für die vermögenden oberen Zehntausend rechtfertigen müssen?

Wer traut sich noch im Wahlkampf

für die FDP auf der Straße Wahlkampf zu machen?

Die veröffentlichten Dokumente des Steuerdeals mit der Schweiz zeigen, dass der Selbstmord der FDP nicht mehr aufzuhalten sein wird. Separatistische Klientelpolitik für Hoteliers, Banken, Pharmaindustrie, Energiekonzerne und vermögende Kapitaleigner finden dann nach der Ansicht der Mehrheit ein baldiges Ende.

Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz ist nicht die Ursache dieser gravierenden politischen Veränderungen in Berlin – aber möglicherweise ihr Anfang.

Denn wer Wind sät – kann möglicherweise Sturm ernten.

 

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