Das Wort am Sonntag
Desintegration
24. Juli 2011
Alle noch so verheißungsvolle Märchen von einer friedlichen, demokratischen und gerechten Welt nach der Beendigung des sogenannten Kalten Krieges und alle damit verbundenen Hoffnungen der Menschen, wurden durch die USA bis heute nachhaltig zerstört.
Lybien
Diese neuen Militärschläge begannen nicht durch eine Kriegserklärung, sondern mitten im Zentrum der Macht in den USA. Freilich war es diesmal wieder keine große und feindliche Territorialmacht, wie es im zweiten Weltkrieg das japanische Kaiserreich war, sondern die Bedrohung wurde, ausgehend von dem Regime Gaddafi, gegen die Demokratiebewegung im Land lokalisiert. Asymmetrisch, versteht sich deshalb, weil es sich um keinen Angriff auf eine staatliche Macht durch eine reguläre Armee handelte. Denn nach der Ansicht der Mächtigen in Washington agieren asymmetrische Kräfte stets verdeckt. Laut den allgemeinen Lagebeurteilungen von CIA und dem Pentagon verfügen asymmetrische Mächte weder über eine funktionierende Volkswirtschaft noch über strukturierte Militärapparate.
Aus dieser Sicht
dürfte Lybien keine asymmetrische Macht sein.
Gemäß der UNO – Statuten handelt es sich um einen souveränen Staat. Gleichwohl soll nach der Ansicht der USA das ideologische Potential von Lybien so stark ausgeprägt sein, dass man damit durch den vermuteten Einsatz asymmetrischer Mittel kriegsähnliche Verluste und Schäden herbeiführen kann.
Selbst die israelische Militärführung
belächelt die Bedrohung durch das lybische Militär.
Die Furcht vor einem lybischen Militärschlag hält sich selbst bei allen direkten Nachbarstaaten im überschaubaren Rahmen. Trotzdem wurde auf Initiative der USA das Land von der NATO militärisch attackiert. Man wollte offensichtlich ein
„historisches Symbol“
für die generelle Verteidigung der Demokratie setzen. Während die NATO Angriffe auf das Land weiter verschärften, beteuerte deren Generalsekretär
Fogh Rasmussen,
die UNO solle bei einem
„Übergang Libyens zur Demokratie“
eine Führungsrolle übernehmen. Daraufhin hielt der russische Außenminister Lawrow seinem französischen Kollegen Juppé vor, dass die willkürliche UN – Resolutionen sehr freizügig von Sarkozy ausgelegt worden sei. Als Reaktion auf Vorwürfe aus Moskau hat die französische Regierung entschieden, die lybischen Regimegegner nicht mehr mit Waffen zu unterstützen. Die Rebellen seien jetzt in der Lage, sich autonom zu organisieren, sagten offizielle französische Stellen. Der Militäreinsatz in Libyen kostet Frankreich täglich schätzungsweise
eine Million Euro.
Geld, das auch in Frankreich für die sozialen Einrichtungen fehlen wird. Täglich verschärft der NATO – Krieg gegen Lybien die Lage der gesamten Zivilbevölkerung. Besonders im Westen des Landes sind Zehntausende Menschen bereits auf ausländische Lebensmittelhilfen angewiesen. Und nach der Beendigung der Militärschläge werden vermutlich rund
zwanzig Milliarden Euro
zum Wiederaufbau des Landes benötigt. Gelder die nicht aus Washington, sondern hauptsächlich aus
Paris, London und Berlin
kommen dürften. Die planvoll vorbereiteten Militärschläge gegen Lybien sowie die unmittelbaren Folgen daraus, mit einem Angriff einer feindlichen Macht zu vergleichen, grenzt an perverses politisches Denken in gefährlicher Ausprägung.
Atheisten, Buddhisten,
Christen, Hindus, Juden und Muslime
genießen laut UNO – Charta den gleichen Schutz. Die Militärschläge gegen Lybien bedienten sich der NATO – Technologien und entfalteten ihre volle zerstörerische Wirkung, deren finanzielle Auswirkungen demnächst wieder zu Lasten der Menschen in unserer Heimat gehen werden. Besonders die von Altersarmut bedrohten aktuellen und zukünftigen Rentenbezieher sind direkt die Leidtragenden. Die damit verbunde soziale Ausgrenzung nennt der DRSB:
Desintegration.