Das Wort am Sonntag – 12. Juni 2011

Das Wort am Sonntag

Die soziale Sicherheit – Das Vermögen der kleinen Leute

 

12. Juni 2011

 

Bevor Gerhard Schröder zum Bundeskanzler gewählt wurde sprachen führende SPDler mit großem Stolz davon, dass die erkämpfte

SOZIALE SICHERHEIT

das Vermögen der kleinen Leute darstellt. Noch heute würde dieser Darstellung die Mehrheit der abhängig Beschäftigten zustimmen. Denn wenn ein abhängig Beschäftigter über kein oder nur wenig Vermögen verfügt, dann ist er auf die

Solidarität der Stärkeren

angewiesen. Es kann jeden Menschen unverhofft überall und in allen Lebensphasen treffen:

Im Alter, durch Krankheit oder durch Arbeitslosigkeit.

Deshalb ist eine ausgewogene, intakte solidarische Absicherung gegen die vorgenannten Risiken notwendig und hilft zumindest gegen eine materielle Bedrohung. Auch wenn viele Menschen in unserer Heimat keine größeren Vermögen ansammeln konnten, fühlte sich die Mehrheit der Deutschen lange Zeit gut und ausreichend abgesichert durch die solidarischen Sicherungssysteme. Die vorbehaltlose Zustimmung zu unserem Sozialstaat ist deshalb bei vielen Menschen heute noch tief verankert. Dieser feste Glauben an unsere zuverlässigen Sozialsysteme wurde durch neoliberale Strömungen gezielt manipuliert, ausgehöhlt und nachhaltig vernichtet. Denn der

Neoliberalismus

ist trotz der anhaltenden US – Finanz- und Wirtschaftskrise weltweit auf dem Vormarsch und die Grundprinzipien werden von Parteien der Mitte ebenso übernommen wie von den so genannten traditionellen Linken und Rechten. Viele Politiker in den vermeintlich demokratischen Parteien vertreten dann mit ihrer Politik die Interessen von kapitalkräftigen Investoren und Multikonzernen. Dadurch wurde auch in unserer Heimat der Sozialstaat vernichtende

Neoliberalismus

zum vorherrschenden Paradigma der politischen Ökonomie unserer Zeit und bezieht sich auf die Politik und die Prozesse, mittels derer es einer relativ kleinen Gruppe von Kapitaleignern und Multikonzernen immer perfekter gelingt, zum Zwecke der

Profitmaximierung

möglichst weite Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu kontrollieren. Die neoliberalen Parolen lauten deshalb:

Konsumorientiert handeln.
Mehr persönliche Verantwortung übernehmen.
Unternehmerische Tatkraft belohnen.
Bürokratische und inkompetente Regierungen bekämpfen.

In jahrzehntelangen Werbefeldzügen, die hauptsächliche von Multikonzernen finanziert wurden, haben die vorgenannten Parolen eine fast schon

sakrale Aura

angenommen, so dass die damit verbundenen Aktionen und Forderungen kaum noch hinterfragt oder sogar angegriffen werden. Man kann mit neoliberalen Parolen alles Mögliche begründen:

Zerschlagung
staatlicher Bildungssysteme- und Einrichtungen.
Zerschlagung
staatlicher Sozialsysteme – Agenda 2010.
Zerschlagung
staatlicher Vorsorge – Riesterdesaster.
Steuererleichterung
für Multikonzerne – Mövenpicksteuer.

Richtig verpackt und mit positiver Medienbegleitung quasi ein EASY GOING. Denn mittlerweile sind Kritik und Aktivitäten, die an der Vorherrschaft von Konzernen rühren, automatisch verdächtig und somit absolut tabu. Darüber wird in den Medien nicht berichtet. Die direkten Folgen dieser neoliberalen Politik sind für alle Menschen seit Jahren erkennbar:

Massive Zunahme sozialer und ökonomischer Ungleichheit.
Katastrophale Verschlechterung aller Sozialsysteme.
Aufweichung der staatlichen Altersvorsorge.
Arbeitslosigkeit mit erschreckender
hoher Anzahl von Langzeitarbeitslosen.

Ungeachtet der vorgenannten Szenarien behaupten – nach wie vor – neoliberale Politiker, dass die Mehrzahl der abhängig Beschäftigten von dieser fatalen Politik profitieren werden. Die brutalste Trumpfkarte der neoliberalen Politiker aus allen Parteien ist aber er Mangel an Alternativen. Denn für die neoliberalen Fanatiker haben kommunistische oder sozialdemokratische Regierungen ebenso versagt wie gemäßigte und menschenwürdige

Wohlfahrtsstaaten.

Die Verfechter der neoliberalen Ideologie missbrauchen die Demokratie und die vermeintliche soziale Marktwirtschaft ständig für ihre Ziele. Dabei ist der

Neoliberalismus

aber nichts anderes als

Kapitalismus ohne Maske.

Die anwachsende soziale Ausgrenzung zeigt deutlich, dass und wie der

Neoliberalismus

nicht nur als ökonomisches, sondern auch als politisches und kulturelles System operiert.

Neoliberalismus

funktioniert deshalb am allerbesten in einer formellen parlamentarischen Demokratie, in der die Bevölkerung zugleich systematisch davon abgehalten wird, sich an tatsächlichen Entscheidungsprozessen sinnvoll beteiligen zu können. Dabei ist in allen Parteien deutlich beobachtbar, dass selbst engagierte und durchaus vernünftige Politiker zu Opfern von neoliberalen Manipulationen und dann selbst zu Tätern werden. Bei Wahlen wundern sich dann diese Politiker, dass entpolitisierte, von Apathie und Zynismus befallene Menschen in unserer Heimat nicht mehr zu den Wahlurnen pilgern. Politiker genießen vermutlich noch immer das Gefühl, dazuzugehören und machen womöglich bedenkenlos alles mit,
was ihnen Vorteile verschaffen könnte und verschärfen gleichzeitig die Lebensbedingungen für Arbeitslose und Hartz IVler.

Ist das mehr soziale Freiheit wagen?

Neoliberalismus und Demokratie passen nicht zueinander. Der brutale Neoliberalismus ist im Kern keine liberale, sondern eine feudalistische Bewegung reinsten Wassers. Denn nichts hat abhängig Beschäftigte so sehr entmachtet, wie die ständig sinkenden realen Einkommenswerte in den zurückliegenden 20 Jahren.
Die atlantischen Netzwerker in den deutschen Parteien stört das offensichtlich recht wenig. So lange die politisch – ökonomische Gehirnwäsche der abhängig Beschäftigten problemlos funktioniert, ist ihr Lebensabend gesichert. Die anhaltende Stimmungsmache zeigt bereits große Wirkung. In diversen Umfragen von wird deutlich, dass die Menschen das Vertrauen in die gesetzlichen Vorsorgesysteme verlieren. Die Einführung der Agenda 2010 hat in vielfältiger Weise zu dieser Erosion des Vertrauens beigetragen.

Das Ziel scheint klar definiert zu sein:

Möglichst schnell wegkommen von umlagefinanzierten Vorsorgesystemen und Hinwendung zu privater und selbstfinanzierter Vorsorge. Die meisten Politiker wissen vermutlich gar nicht, was sie da seit Jahren kaputtreden und torpedieren:

Die soziale Sicherheit - Das Vermögen der kleinen Leute.

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