Das Wort am Sonntag – 23. Januar 2011

Das Wort am Sonntag

Weichenstellung gegen den Mittelstand?

 

23. Januar 2011

 

Jedes Individuum, sei es eine natürliche oder juristische Person, ist bestrebt, durch wirtschaftliches Handeln eine persönliche Nutzenmehrung herbeizuführen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob eine Person selbständig oder nichtselbständig tätig ist. Auf eine einfache Formel gebracht erwirtschaften zum Beispiel Banken aus dem angestammten Geschäft ihre Gewinne, in dem sie Geld mit einer Zinsmarge verleihen, welches ihnen an anderer Stelle von Kunden anvertraut wird. Dieses ist ein sinnvolles und nutzmehrendes Bankgeschäft, um den Wirtschaftskreislauf aufrecht zu erhalten. Zur Absicherung des verliehenen Geldes lassen sich Banken Sicherheiten einräumen, um eine Rückführung von anvertrauten Kundengeldern gewährleisten zu können. Bei einer so genannten Mezzanine – Finanzierungen dagegen handelt es sich nicht um eine reine Form der Fremdfinanzierung wie bei Banken, sondern um eine Mischfinanzierung, bei der Optionsrechte eingefordert werden, die einer Gesellschafterstellung gleichkommen können. Aus diesen Gründen kann es für mittelständische Unternehmen schwierig werden, aus einer Finanzierung eines Mezzanins wieder aussteigen zu können, wenn beim Auslauf des vereinbarten Finanzierungszeitraums der Kapitalgeber seine Optionsrechte anders auslegt als vom mittelständischen Unternehmer erwartet. Ein mittelständisches Unternehmen kann auch bei vorhandenem Eigenkapital oder neuem Fremdkapitalgeber in der Regel die Mezzanine – Finanzierung nicht einseitig ablösen. Macht ein Mezzanine – Finanzierer sogar aus eingeräumten Optionsrechten, aus welchen Gründen auch immer, keinen Gebrauch, schwinden die Chancen für eine Fremdfinanzierung bei einer Bank rapide, weil sich eine Bank die Frage stellen muss, warum eingeräumte Mezzanine – Rechte nicht wahrgenommen werden. In der Regel werden Mezzanine – Finanzierungen durch eine Bank vermittelt, so dass sich beide Seiten regelmäßig über den Verlauf des Engagements austauschen können. Der einmal gewählte Weg einer Mezzanine – Finanzierung kann dazu führen, dass der Weg zurück zu einer klassischen Bankfinanzierung zu unerwarteten Hindernissen führt. Der gewählte Weg kann sich sogar als Einbahnstraße oder Sackgasse für den mittelständischen Unternehmer erweisen, aus denen er ohne juristische Hilfe nicht mehr herauskommen kann. Aus diesen Gründen wäre es für einen mittelständischen Unternehmen ratsam, sich von der vermittelnden Bank für den Fall einer Beendigung der Mezzanine – Finanzierung ein Optionsrecht auf Fortführung einer klassischen Bankfinanzierung einräumen zu lassen. Sollte sich die vermittelnde Bank einer solchen Regelung verweigern, kann es durchaus ratsam sein, der Gesamtkonstruktion eines Mezzanins kritisch zu durchleuchten.

Wie konnte es aber überhaupt zu einem

derartigen Boom für Mezzanine – Finanzierungen kommen?

Betrachtet man die Mezzanine – Finanzierung als Überbegriff für jede Form der Beteiligung von Hedgefonds oder Private – Equity – Gesellschaften an einem mittelständischen Unternehmen, wurde, wie vom DRSB ausführlich berichtet, ab dem Kalenderjahr 2001 eine Kette von Wirtschafts- und Steuergesetzen geschaffen, die den Markt für diese Beteiligungsform wie ein Scheunentor öffnete:

1.

Heuschreckeneinladungsgesetz

[ aus der Unternehmenssteuerreform 2001 ]

2.

Zwangsveröffentlichung von Unternehmensdaten im Internet

[ ab dem Kalenderjahr 2006 ]

3.

Einführung der steuerlichen Zinsschranke

[ ab dem Kalenderjahr 2008 ]

Die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse, wie zum Beispiel:

Unternehmen verschmähen Geld der Banken

Im Aufschwung brauchen die Firmen kein BankenGeld

[ Spiegel ONLINE vom 28. Dezember 2010 ]

Banken bleiben auf ihrem Geld sitzen

[ Handelsblatt vom 28. Dezember 2010 ]

wäre sicherlich eine wünschenswerte Erklärung für den Rückgang der Fremdfinanzierung von notwendigen Investitionen des Mittelstandes.

Was passiert aber,

wenn diese Darstellungen nicht zutreffen?

Hätten die Verfechter des Neoliberalismus dann ein echtes Problem? Denn zur gleichen Zeit ist in der Presse zu lesen, dass die Verlustvorträge der Unternehmen wesentlich höher ausfallen, als von den Steuerplanern des Bundes, der Länder und Gemeinden angenommen wird, so dass die Einnahmen aus Ertrag- und Realsteuern in Zukunft wesentlich geringer ausfallen werden als geplant. Mit dem neuen deutschen Wirtschaftswunder wurden dank des Mittelstandes daher vermutlich eher Löcher der vergangen Jahre gestopft als ausreichend Mittel für eine langfristige Eigenkapitalfinanzierung für notwendige Investitionen für die Zukunft geschaffen. Der Widerspruch dieser Pressmeldungen ist an Wahrnehmungssteuerung kaum noch zu toppen. Die Schlagzeilen in den Medien wären dann nur gewagte inhaltslose Thesen, wenn sich der Wahrheitsgehalt durch empirische Erhebungen nicht hinreichend belegen ließe. Die fehlende Nachfrage – oder dann vielleicht besser gesagt – das fehlende Angebot von Bankfinanzierungen könnte genauso gut der Vorbote einer bevorstehenden Insolvenz- und Übernahmewelle des Mittelstandes sein.

Aufgrund der US – Finanz- und Wirtschaftskrise sind Geschäftsbanken oftmals gar nicht willens oder in der Lage, außerhalb des Investmentbanking dem klassischen Bankgeschäft nachzukommen. Wahrscheinlicher wird es daher sein, dass aufgrund von maßlos überzogenen Erwartungen über Eigenkapitalrenditen von Geschäftsbanken kurzfristig mit Vermittlungsprovisionen und erfolgsabhängigen Honoraren für eine Mezzanine – Finanzierung schneller Geld zu verdienen ist als mit langfristigen Finanzierungen von Investitionen des Mittelstandes.

Denn in einer Niedrigzinsphase können nur mit klassischen Bankfinanzierungen, ohne erhebliche Risiken im Investmentbanking eingeben zu wollen, keine hohen Gewinne im Banksektor eingefahren werden.

Vor der womöglich gemeinsamen Einstimmung der etablierten Parteien auf einen

kollektiven Neoliberalismus

waren deutsche Wirtschaftsgesetze darauf ausgerichtet, den wirtschaftlich Schwächeren vor der Marktmacht des wirtschaftlich Stärkeren zu schützen, um zum Wohle der Menschen in unserer Heimat durch ein funktionierenden Wettbewerb den unaufhaltsamen Trend zur wachsenden Monopolbildung im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft Einhalt zu bieten. Die jüngsten Wirtschaftsgesetze beschleunigen aber eher den Trend zur Monopolbildung und Machtkonzentration der internationalen Konzerne.

Somit bleibt es nach wie vor spannend zu verfolgen, wohin die „festgefrorenen” Weichenstellungen der jüngsten Wirtschaftsgesetze den deutschen Mittelstand führen werden und in welcher Form die Medien darüber berichten dürfen.

Eines ist aber heute schon völlig klar:

Einweiter sokann es nicht geben!

 

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