Das Wort am Sonntag
Aufstand gegen den
Pensions – Sicherungs – Verein
[ PSV ]
12. September 2010
Seit rund sieben Wochen formieren sich Handwerksbetriebe, Mittelständler, Handelsunternehmen sowie die Industrie und protestieren medienwirksam gegen die Zwangs – Beitrags – Erhöhungen des PSV. Immer häufiger kommen diverse Überlegungen auf, ob und wie man die ungeliebte, angeblich überteuerte
Zwangsmitgliedschaft
im PSV nicht schnell beenden sollte, denn die extrem stark gestiegenen Beiträge haben den Pensions – Sicherungs – Verein bei den Betroffenen in Misskredit gebracht.
Zwangsmitgliedschaft?
Kein betroffenes Unternehmen wurde jemals dazu gezwungen, seinen langjährigen und verlässlichen Mitarbeitern eine betriebliche Altersvorsorge zu versprechen. Man wollte durch eine bAV eine zusätzliche Bindung zum Unternehmen schaffen und verdienten Mitarbeitern nach ihrem Arbeitsleben eine zusätzliche Rente zukommen lassen. Es gab mit Beginn der bAV kaum Alternativen, wenn man besonders aus
Wettbewerbsgründen
seine qualifizierten Mitarbeitern halten wollte. Der Aufbau einer eigenen zusätzlichen Altersversorgung half, die Leistungsfähigkeit der Unternehmen zu stabilisieren und zu steigern.
Erst als amerikanisch dominierte Unternehmensberatungen damit anfingen, gezielt sichere Arbeitsplätze in unserer Heimat zu vernichten und der Ex – SPDler
Wolfgang Clement
die Schleusen für die prekäre Leiharbeit öffnete, wurde die bislang als positiv eingestufte
betriebliche Altersvorsorge
lästig und als wirtschaftliches Hindernis angesehen und diffamiert. Immer häufiger wurde die Frage von neoliberalen Kräften in den Raum gestellt:
Wieso soll man in Form von entsprechend
höheren Gehältern oder in Form der Beitragszahlung in
eine Versicherung des Mitarbeiters investieren, die eh nur noch wenige Jahre im Unternehmen verweilen dürfen?
Mit fadenscheinigen so genannten Gemeinkostenberechnungen versuchten amerikanisch geprägte Beratungsgesellschaften Unternehmern und Managern die
betriebliche Altersvorsorge
auszutreiben, die sich auf Zahlungsversprechen eingelassen hatten, die erst in fernen Jahren eingelöst werden mussten. Die aktuellen Proteste der betroffenen Unternehmen gegen die Einrichtung des
Pensions – Sicherungs – Verein
erscheinen deshalb scheinheilig und vorgeschoben. Denn schließlich haben diese Unternehmen völlig freiwillig gehandelt und jahrzehntelang von dieser sinnvollen Einrichtung profitieren können. Nach den Untergängen von Arcandor, Karstadt, Karmann und dem Debakel um Opel erkannte man sehr schnell, dass dort höchstwahrscheinlich die zurückgelegten Gelder für die
betriebliche Altersvorsorge
lediglich noch deklaratorisch als „Merkposten” in den „Büchern” stehen und man für die anstehenden
Rentenzahlungen
auf den PSV zurückgreifen muss. Alleine im Jahr 2009 musste der PSV in mehr als
800 Problemfällen
einspringen, weil man Mitarbeitern zwar zukünftige Betriebsrenten versprochen hatte, sich selbst dann aber vorzeitig in die
Insolvenz
verabschiedete. Arcandor, Karstadt oder auch Karmann sind da nur drei Beispiele von 800. Es ist also überhaupt kein Wunder, dass da die
Umlage – Beiträge des PSV
explosionsartig in die Höhe schießen mussten. Aktuell stehen mehr als
4 Milliarden Euro
an Leistungsverpflichtungen im Raum. Obwohl die bAV für Unternehmen steuerlich vorteilhaft war und man in der Höhe der Zusagen sofort Rückstellungen bilden konnte, tragen im Falle einer Insolvenz das Risiko, dass die Rente nicht gezahlt werden kann, allein die betroffenen Mitarbeiter. Erfahrungsgemäß sind zum üblicherweise ungeplanten Insolvenzzeitpunkt meistens nicht die zukünftig zu deckenden Rentenansprüche ausfinanziert.
Deswegen fallen bei einer Insolvenz
oftmals die ahnungslosen Mitarbeiter ins NICHTS.
Der Gesetzgeber hielt deshalb die Sicherheitslösung durch den
Pensions – Sicherungs – Verein
für sinnvoll und richtig. In einer Zeit, in der Unternehmen immer schneller verkauft, umstrukturiert, verschmolzen oder völlig zerschlagen werden, stört dieses
Sicherheitsinstrument für abhängig Beschäftigte,
denn ein gut florierendes Unternehmen schickt man ungerne in die Insolvenz. Und im Middelhoff – Stil Unternehmen vor die Wand fahren zu lassen, bleibt fragwürdig, wenn man auf dem Markt einen guten Preis erzielen möchte. Bleibt also nur noch der einzige Ausweg, die Beitragssätze des PSV in Frage zu stellen und im Rahmen einer vorsätzlichen Wahrnehmungsverschiebung das Thema von mehr
Beitragsgerechtigkeit
In den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, um dadurch das
Sicherheitsinstrument für abhängig Beschäftigte
auf mittlere Sicht zu torpedieren.
Der Aufstand gegen den
Pensions – Sicherungs – Verein
ist höchstwahrscheinlich der Auftakt zur Vernichtung der angesparten Altersvorsorgevermögen der Menschen in unserer Heimat. Möglicherweise verfügen die Sicherungsgeber gar nicht mehr über genügend Liquidität, um alle Ansprüche zu befriedigen.
================================================
Deutscher Rentenschutzbund e.V.
Wir kämpfen seit 22 Jahren mit der Stimme der Demokratie für einen modernen Sozialstaat, sichere, langfristige Arbeitsplätze, sinnvolle, gerechte und lernfähige Rentensysteme, sichere, gerechte und leistungsfähige Sozialsysteme und für korruptionsfreie Demokratie in Deutschland und der Europäischen Union.