Das Wort am Sonntag 2010 09 05

Das Wort am Sonntag

 

Weniger Arbeit, weniger Betriebsrente

 

05. September 2010

 

Die neuesten Untersuchungen aufgrund der US – Finanz- und Wirtschaftskrise nachlassenden Altersvorsorge – Mentalität der Menschen in unserer Heimat vergrößern die schlimmsten Befürchtungen vor einer sich ausbreitenden Altersarmut. Demnach hat bereits jeder Sechste sein privates Altersvorsorgemodell aufgelöst oder verringert und bereits jeder Dritte Erwerbstätige sorgt gar nicht erst vor. Diese Entwicklung erstaunt „echte” Fachleute nicht im Geringsten.

Denn jetzt ist schon glasklar:

Die Riesterrente ist und bleibt ein Holzweg und entpuppt sich mit ihrer Teilprivatisierung der Altersvorsorge als ein nicht zu reparierendes Desaster, das zu einer Flächen- und Altersarmut führt.

Die in den Armuts- und Reichtumsberichten der Bundesregierung dokumentierte skandalös gewachsene Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen untermauert dies:

Das einkommensschwächste Zehntel der Bevölkerung verfügt über Schulden, und die Armut, die besonders durch Hartz IV und den Boom prekärer Beschäftigung explodiert, breitet sich weiter aus.

DasNormalarbeitsverhältniswird zum Auslaufmodell.

Viele Menschen in unserer Heimat hatten schon vor der US – Finanz- und Wirtschaftskrise einfach nicht das Geld, um zusätzlich privat gezielt für das Alter vorzusorgen, nun verschärft sich die Situation auch für alle abhängig Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz durch Kurzarbeit oder Sparmaßnahmen bedroht sehen.

Mit dem  am 06. Juli 2001 vorgestellten

Versorgungswerk

MetallRente

wollten IG Metall und Gesamtmetall die Weichen für ein von beiden Verbänden getragenes Versorgungswerk in der größten industriellen Branche unserer Heimat stellen.

Dieser Entscheidung folgte am 04. September 2001 der Abschluss des Tarifvertrags zur Entgeltumwandlung für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie.

Die so genannte

MetallRente

ist also eine gemeinsame Einrichtung von Gesamtmetall und IG Metall und wurde im Oktober 2001 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit den Gesellschaftern IG Metall und Gesamtmetall zu gleichen Teilen gegründet. Die so genannte

MetallRente

ist auch für alle Betriebe offen, die nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sind und für Verbände und Unternehmen, die nicht zur Metall- und Elektroindustrie gehören.

Zum Beispiel sind die Branchen der Holz- und Kunststoffverarbeitung, der Textil- und Bekleidungsindustrie und die Stahlindustrie nach Abschluss von Tarifverträgen zur Entgeltumwandlung MetallRente beigetreten. Die so genannte

MetallRente

hat Verträge mit fast allen führenden Finanzdienstleistern geschlossen, die die Versorgungseinrichtung in ihrem Auftrag betreiben. Dies sind an erster Stelle die Allianz, die Hamburg – Mannheimer [ heute ERGO ], die Victoria [ heute ERGO ], Swiss Life [ Hauptvertriebspartner ist der Strukturvertrieb AWD ], die R+V, Generali

[ Hauptvertriebspartner ist der Strukturvertrieb DVAG ], die PB Lebensversicherung AG [ früher BHW ] und – man höre und staune – auch die WestLB.            

Über eine Million Deutsche arbeiten kurz – das gefährdet obendrein auch ihren privaten bAV – Versicherungsschutz. Die Formel ist relativ einfach zu verstehen:

Weniger Arbeit, weniger Betriebsrente.

Das Positive:

Die Kurzarbeiter haben ihre Arbeitsplätze noch nicht verloren. Stattdessen bekommen sie Geld von der Arbeitsagentur, die mindestens 60% des entgangenen Nettolohns ausgleicht. Verringern sich während der Kurzarbeit die Beiträge für die betriebliche Altersversorgung oder kann der Beschäftigte diese nicht mehr bezahlen, schmälert das die später eingeplante Zusatzrente. Kurzarbeitergeld ist nun mal kein Gehalt. Wer aus einer längeren Phase mit

Kurzarbeit null”,

also nachdem er in eine sogenannte Beschäftigungsgesellschaft verschoben wurde, zum aktuellen Rentenbezieher wird, könnte seine Ansprüche sogar komplett verlieren – jedenfalls nach dem Wortlaut „so” mancher Verträge. Es spricht also einiges dafür, dass dies nicht im Sinne der abhängig Beschäftigten Vertragspartner war.

Auch Angestellte, die aus eigenem Gehalt ansparen, müssen mit einer niedrigeren Rente rechnen. Denn Kurzarbeitergeld ist kein Arbeitsentgelt im Sinne des Betriebsrentenrechts. Damit schrumpft die Möglichkeit zur Entgeltumwandlung – und bei

Kurzarbeit null

wird sie automatisch gestoppt. Wer aktiv weniger umwandelt hat später auch eine geringere Versorgung. Und wer seine Raten nicht mehr bezahlt oder nicht bezahlen kann, muss nach wenigen Monaten damit rechnen, dass er auch den Versicherungsschutz vollkommen verliert. Möchte ein abhängig Beschäftigter seinen Versicherungsvertrag später wieder aktivieren, droht ihm eine neue Gesundheitsprüfung, nach der die Beiträge höchstwahrscheinlich kräftig steigen – oder man sogar abgelehnt werden könnte. Wer dem entgehen will, muss während der Kurzarbeit wohl oder übel aus eigener Tasche weiterzahlen.

Die letzten Pressemeldungen der Allianz – Gruppe zum Thema PSV beziehen seltsamerweise die MetallRente mit ein. Ein recht dubioses Szenario, das spontan die Vermutung aufkommen lässt, dass auch größere Teile der in Fondsmodellen angelegten Gelder dieses Rentenmodells – entweder völlig verbrannt sind – oder in den BAD BANKS von WestLB und HRE auf ihre mögliche Wiederbelebung warten, die wahrscheinlich niemals stattfinden wird. Alles deutet direkt auf eine extrem gefährliche Entwicklung hin, denn wenn die Gelder der

MetallRente

auch noch verloren sein sollten, kommt es höchstwahrscheinlich zum sozialen Dammbruch. Denn das sich abzeichnende äußerst fatale Szenario könnte nicht nur die Metaller zu Protestaktionen verleiten.

 

 

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Deutscher Rentenschutzbund e.V.

Wir kämpfen seit 22 Jahren mit der Stimme der Demokratie für einen modernen Sozialstaat, sichere, langfristige Arbeitsplätze, sinnvolle, gerechte und lernfähige Rentensysteme, sichere, gerechte und leistungsfähige Sozialsysteme und für korruptionsfreie Demokratie in Deutschland und der Europäischen Union.

 

 

 

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