Das Wort am Sonntag 2010 08 01

Das Wort am Sonntag

Jüdische Lobby?

 

01. August 2010

 

Menschen jüdischen Glaubens gelten als die liberalsten Amerikaner. In vielen Medienberichten sowie auf Bloggerseiten möchte man sich in Punkto Patriotismus nahezu übertreffen.

Es ist deshalb verständlich, dass in den USA die Bezeichnung

„jüdische Lobby”

keinerlei schlechten Beigeschmack hat oder gar aufkommen lässt.

Wer aber in Europa oder noch schlimmer in Deutschland davon berichten möchte, dass der Einfluss der jüdischen Lobby auf die US – Regierung stetig zunimmt, kann sicher sein, dass man sofort die verbale Keule des Antisemitismus herausholt und jüdische Organisationen dazu aufrufen, die Schreiberlinge zur Ordnung zu rufen.

Ganz offensichtlich haben wir in unserer Heimat noch 65 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg heftig Probleme damit, den Ausdruck

„jüdische Lobby”

zu benutzen. Die Erfahrungen in Ost- und Westeuropa, nicht nur in Deutschland, zeigen aber, dass dieser Ausdruck häufiger benutzt wird, ohne darunter eine tiefere Bedeutung zu vermuten.

Besonders in intellektuellen Zirkeln und im Mittelstand spricht man ungeniert vom

Lobbyismus

in Brüssel, Paris, London, Rom sowie Wien oder Berlin.

In gesamten Europa gibt es die

Wirtschafts-, Bauern- und Banklobbyisten.

Das systematische Lobbying in der amerikanischen Politik ist eine ganz normale und natürliche Aktivität. Jede gesellschaftlich relevante Gruppe versucht, Einfluss auf die Politik zu nehmen.

Es gibt eine ganze Brandbreite an ethnischen, religiösen, business und anderen Lobbyisten. Juden sind da nicht viel anders als zum Beispiel Christen. Menschen jüdischen Glaubens haben Sorgen, wie es zum Beispiel mit Israel und den arabisch – israelischen Beziehungen weitergehen soll.

Juden haben also völlig legitime Interessen. Auch in unserer Heimat sprechen jüdische Organisationen mit Regierungsmitgliedern und der Opposition. So etwas ist ein ganz normaler Vorgang in einer funktionierenden Demokratie.

Alle guten Lobbyisten haben gute Kontakte zu politischen Führern in ihren Ländern.

Das macht sie in

der politischen Arbeit zu verlässlichen Partnern.

Es ist deshalb nicht weiter verwunderlich, dass die Jüdische Gemeinschaft

American Jewish Committee

[ AJC ]

ins Weiße Haus, genauso wie calvinistische oder katholische Organisationen, ungehinderten Zugang hat. Doch seit den wirtschaftlichen Debakeln um Opel und Karstadt fragen sich immer mehr Menschen in unserer Heimat:

Dringen jüdische Lobbyisten leichter zu Politikern durch?

Beeinflussen jüdische Lobbyisten unser Wirtschaftsleben?

Haben jüdische Organisationen

mehr Einfluss als andere Lobbyisten?

Werden jüdische Wünsche bevorzugt behandelt?

Gibt es da permanente Allianzen?

Manche Europäer vermuten sogar, dass die jüdische Lobby in den USA die Wall Street fest im Griff hat und alle Finanzgeschäfte beherrscht. Vermeintlich sollen Unternehmer jüdischen Glaubens die gesamte Filmindustrie in Hollywood kontrollieren.

Und dass die jüdischen Netzwerke internationale Medien dominieren, steht für eine Mehrheit der Bevölkerung außer Frage.

Fallen die Namen

Henry Kissinger oder Zbigniew Kazimierz Brzeziński,

wird umgehend davon gesprochen, dass US – Bürger jüdischen Glaubens die Fäden in der amerikanischen Weltpolitik ziehen.

Eine über- oder besser gesagt allmächtige jüdische Lobby ist seit Jahrzehnten der unsägliche Gesprächsstoff für die meisten antisemitischen Vorurteile und Verschwörungstheorien. Um den wachsenden Einfluss des internationalen Judentums

ranken sich jeher immer Mythen und geheimnisvolle Legenden. Ein gewichtiger Grund, den Mythen und geheimnisvollen Legenden einmal auf den Zahn zu fühlen.

Der engagierte und sehr mutige deutsch – israelische Journalist

Uri Schneider

zeigte in seinem TV – Beitrag am 30. Juni 2010 in der ARD, dass es sie tatsächlich gibt, die vielbeschworene jüdische Lobby.

Uri Schneider

zeichnet in seiner Dokumentation ein realistisches Bild vom jüdischen Lobbyismus

In Washington.

Gleichzeitig räumt er mit den für Juden verhängnisvollen Vorurteilen auf, dass der jüdische Einfluss auf die amerikanische Politik dominant sei. Zumindestens hat er in dem Beitrag den Versuch gestartet. Auch ist es kein großes Geheimnis, dass die jüdische Organisationen in den USA schon längst nicht mehr nur mit einer Stimme sprechen.

Humorvoll interpretiert sind die Stimmen von

Henry Kissinger oder Zbigniew Kazimierz Brzeziński

zwei Meinungen im gesamten jüdischen Spektrum und ändert nichts an der Tatsache, dass ein gewisser Professor

Zbigniew Kazimierz Brzeziński

einen gewissen Barack Obama entdeckt und gefördert hat. Der Journalist

Uri Schneider

porträtierte in seinem Beitrag, der natürlich auch direkt zu Obamas politischen Anfängen nach Chicago führt, konservative wie liberale Politiker.

Dadurch vermittelte Uri Schneider überraschende Einblicke in seltsame Funktionsweisen der amerikanischen Politikmaschinerie und offenbart – gewollt oder ungewollt – deren tatsächliche Absichten.

Denn vordergründig wirft Barack Obama dem Staat Israel eine Mitverantwortung für die scheinbar ausweglose Lage in Nahost zu. Leider gräbt an dieser Stelle Uri Schneider nicht tiefer, sonst wäre er zweifellos auf die Enthüllungen des DRSB gestoßen.

Uri Schneider

belässt es bei einem Vergleich der Politikstile von Obamas Vorgänger im Amt, obwohl die politische Grundlinie, die Präsident Obama verfolgt, den Juden in den USA vehementen Auftrieb verleiht.

Die so dargestellte jüdische Friedensbewegung

„J Street”

erhielt vom amtierenden Präsidenten starken Rückenwind. Die jahrzehntelange vergebliche Suche nach einem Ausweg aus der Sackgasse im Nahen Osten ist trotzdem keinen konstruktiven Schritt nach vorne gekommen. Durchleuchtet man dieses Schauspiel, dann ist es durchaus als schockierend zu bezeichnen, zu welchen Schlüssen der deutsch – israelische Journalist in seinem Beitrag kommen durfte. Noch schockierender ist aber die unbestreitbare Tatsache, dass niemand in den ARD – Gremien schockiert war.

Denn das Washington der jüdischen Organisation

AIPAC

gleicht schon dem Konstantinopel der byzantinischen Herrscher auf dem Höhepunkt ihrer Macht.

Es ist verständlich, dass die Mehrheit der Amerikaner, jüdisch und nicht jüdisch, instinktiv für den Staat Israel votiert.

Es ist übermannt vom Gefühl, dem jüdischen Volk eine Heimstatt nach dem Holocaust gegeben zu haben.

Wer die diversen Aktivitäten der jüdischen Organisation

AIPAC

über Jahre verfolgen konnte, weiß genau, warum amerikanische Politiker fest daran glauben, dass die jüdische Lobby so absolut wichtig ist für ihre Karriere.

Die Welt sieht zu und wunderte sich. Die Amerikaner nichtjüdischen Glaubens sehen zu und wundern sich, wann immer die israelischen Medien von der amerikanischen Politik im Nahen Osten begeistert berichten.

In den arabischen Hauptstädten der Welt werden die Ereignisse meist aufmerksam aber kommentarlos zur Kenntnis genommen.

Die jüdischen Stimmen sind natürlich äußerst wichtig, besonders in mehreren Bundesstaaten. Aber die afrikanisch – amerikanische sowie die spanische Wählerschaft ist größer als die jüdische Gemeinde. Rein zahlenmäßig betrachtet ist die arabisch – muslimische Gemeinschaft in den USA also eigentlich auch kein unbedeutender Faktor.

Fragt man gezielt nach, so erhält man erstaunliche Antworten aus den Reihen der arabisch – muslimischen Bevölkerungsgruppe in den USA.

„Das jüdische Geld sei ausschlaggebend”

„Die Juden sind reich”

„Jüdische Organisationen streben die Weltherrschaft an”.

Solche Aussagen vermisst man in dem Beitrag von Uri Schneider. Vielleicht geben diese Stimmen die Wahrheit wieder. Womöglich aber lediglich den Mythos und die Legenden über das mächtige jüdische Geld.

Dadurch erhielten diese Antworten wieder einen antisemitischen Klang. Denn schließlich haben auch andere Lobbyorganisationen und vor allem die großen multinationalen Unternehmen erhebliche Geldsummen in die Politik gesteckt.

So darf man auch die Tatsache nicht ignorieren, dass in unserer Heimat viele Menschen mutmaßen, dass das Finanzdebakel um den insolventen Karstadt – Konzern

eine konzertierte Aktion zur Rückführung der jüdischen Gelder sei.

Auch in Westeuropa wächst die Angst vor der Anspruchshaltung der AIPAC.

Schließlich haben alle Europäer ein vitales Interesse, einen belastbaren israelisch -palästinensischen Frieden zu erreichen.

Viele Verlautbarungen sowie Arbeitspapiere der AIPAC belasten die islamische Welt und beschädigen die Zukunft.

Letztendlich fragen sich nichtjüdische Amerikaner:

Was hat eigentlich das jüdische Establishment

zum schwindelerregenden Zugang zur Macht verholfen?

Organisatorisches Talent? Geld?

Oder ist es die Scham, dass die USA

während des Holocausts versagten und Menschen jüdischen Glaubens die Einreise verwehrten?

Je mehr US – Bürger über dieses eigenartige Phänomen nachdenken, um so mehr kommen viele zu der Überzeugung, dass der Staat Israel ein kleines Amerika ist und die USA ein großes Israel werden.

Die Passagiere der Mayflower ahnten noch nicht, dass ihre Nachfahren als die liberalsten Amerikaner gelten würden.

 

================================================

 

Deutscher Rentenschutzbund e.V.

 

Wir kämpfen seit 22 Jahren mit der Stimme der Demokratie für einen modernen Sozialstaat, sichere, langfristige Arbeitsplätze, sinnvolle, gerechte und lernfähige Rentensysteme, sichere, gerechte und leistungsfähige Sozialsysteme und für korruptionsfreie Demokratie in Deutschland und der Europäischen Union.

 

 

 

Veröffentlicht unter Alle Artikel, Das Wort am Sonntag

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>