Das Wort am Sonntag
Schamlose Ausnutzung?
21. März 2010
Ein sich ständig erweiterndes Europa sowie die Deregulierungen durch die stetig wachsende Globalisierung ermöglichen es den international agierenden Konzernen, sofort zeitnah auf den untauglichen
Steuerwettbewerb
der einzelnen Mitgliedsstaaten der EU zu reagieren.
Sollen diese
Vagabunden der Neuzeit
ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Infrastruktur leisten, möglicherweise in der verständlichen Form eines einheitlichen Mindestteuersatzes, dann aktivieren sie blitzschnell ihre Lobbyisten und bürsten die Politiker so lange auf, bis in allen
EU – Staaten das aus der Sicht der Konzerne ekelerregende Thema Steuerzahlung verschwindet.
So mancher Parlamentarier, der sich zum ersten Mal tiefer mit Bilanzen beschäftigen muss, kommt nicht darum herum, zunächst die wichtigste Lektion in Sachen Bilanzkosmetik zu lernen:
Die Doppelmoral.
Denn an den Börsen dieser Welt präsentieren sich die meisten Konzerne mit stetig steigenden Gewinnen und Umsätzen. Dieses Verhalten ist verständlich, wenn man als Manager die Aktionäre beglücken und im Amt bleiben möchte.
Den Finanzämtern legen dieselben Konzerne aber parallel dazu Bilanzen vor, die vermeintlich gigantische Verluste aufzeigen, so dass man häufig sogar noch ehemals zu viel gezahlte Steuern zurück bekommt.
Oberflächlich betrachtet könnte man zu dem Schluss kommen:
Das ist Betrug!
Aber nein – es handelt sich hierbei lediglich um die Betrachtungsweise von positiven Handelsbilanzen und negativer Steuerbilanzen.
Einfach und wirkungsvoll!
Firmenkäufe oder Zusammenlegung von unterschiedlichen Betriebsstätten sind die allerbeste Möglichkeit, über längere Zeiträume und Ländergrenzen hinweg, quasi nach eigener Anschauung und selbstgemachten Gesetze, Gewinne und Verluste hin und her zu schieben. Mit nur wenig Kreativität oder wirtschaftlicher geringer Fantasie lassen sich Bilanzzahlen ungesund aufblähen oder profitfördernd klein rechnen.
Je nachdem, was gerade gebraucht wird, werden Cashflow, Umsätze, Gewinne und Vermögenswerte so lange durch den
Bilanzmixer
gedreht, bis seriöse Zahlenangaben zur Ausnahme werden. Anhand des deutschen Daimlerkonzerns kann noch heute jeder interessierte Mensch diese Methoden der
Bilanzmixer
einfach nachvollziehen.
Denn als der damalige DaimlerChrysler – Konzern im Jahr 1993 an die New Yorker Börse ging, musste er die US – Bilanzregeln zur Anwendung bringen.
Die Manager Schrempp, Zetsche und Bernhard wiesen nach deutschen Bilanzregeln damals einen Geschäftsgewinn von 602 Millionen Deutsche Mark aus und galten im Ergebnis als hochprofitabel.
Für dasselbe Geschäftsjahr wies Daimler an der New Yorker Börse einen Verlust von rund
1,8 Milliarden US – Dollar
aus. Da staunen selbst mathematisch begabte Leser und wundern sich über die Zahlenakrobatik aus dem Schwabenland. Einige vermuten wahrscheinlich sogar, dass die Manager Zetsche und Bernhard nur deswegen noch im Amt sein dürfen. Quasi als Schweigeverpflichtung.
Weit gefehlt.
Dieter Zetsche und Wolfgang Bernhard mögen zwar Milliarden echter Verluste noch immer produzieren dürfen, doch für den erstaunlichen Unterschied in der Bilanz von 1993 waren die unterschiedlichen Bilanzmöglichkeiten verantwortlich.
Nach den Desastern um die US – Finanz- und Wirtschaftskrise glaubt man es kaum, aber in unserer Heimat lassen sich reale Verluste noch immer leichter verstecken als in den USA.
Nicht nur Daimler oder Siemens drehen deshalb gerne die gesamten Konzernzahlen durch die
Bilanzmixer.
Europäische und amerikanische Manager nutzen völlig „legal” die Möglichkeiten, die ihnen von willfährigen oder ahnungslosen Politikern eingeräumt werden.
Die meisten Oberbürgermeister in unserer Heimat verstehen deshalb die Welt nicht mehr. Ob nun Gelsenkirchen, Dormagen, Leverkusen oder Stuttgart, die Liste kann beliebig verlängert werden, überall sitzen gigantisch große international tätig Konzerne und bezahlen kaum noch Steuern. Die Manager plagt nicht im Geringsten das Gewissen, dass ihre Konzerne die vorhandene Infrastruktur quasi kostenlos täglich benutzen.
Wo bleibt da die so oft beschworene Steuergerechtigkeit?
Natürlich auf der Strecke!
Denn, wenn diese
„Kaumsteuerzahler”
einzelne Firmenteile ihrer Konzerne verkaufen, kassieren sie die erzielten Gewinne auch noch steuerfrei. Völlig legal!
Verkauft aber ein Handwerksmeister oder mittelständischer Unternehmer seinen Betrieb aus Altersgründen, dann ist dieser Vorgang in der Regel voll steuerpflichtig.
Wo bleibt da die so oft beschworene Steuergerechtigkeit?
Natürlich auf der Strecke!
Steuergerechtigkeit gibt es in unserer Heimat schon sehr lange nicht mehr. Die groß angekündigten Reformen benachteiligen meistens die kleineren Einkommen und bevorzugen die Großen.
Wenn es darum geht, für viele Menschen in unserer Heimat echte Steuervorteile zu schaffen, findet sich in keiner Partei ein Protagonist.
Geht es aber darum, vorteilhafte Steuerregelungen für Konzerne zu gestalten, dann werden sogar private Berater in die Finanzministerien geholt, damit man so schnell wie nur möglich eine gesetzliche Regelung herbeizaubern kann [ siehe das Zitzelsberger - Syndrom ].
Das ist in unserer Heimat
genauso wie in Europa oder den USA.
Während die ehrlichen und braven Steuerzahler nach allen Künsten von den Finanzämtern gerupft und ausgenommen werden, schont man die großen Konzerne wo immer man ein Schlupfloch finden kann.
Nachdem die FDP für Hotels die Steuern gesenkt haben, stellten mindestens 14,3% der ehemals 14,6% FDP – Wähler fest, dass sie kein Hotel besitzen und von der versprochenen Steuerentlastung nicht direkt betroffen sind.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass immer mehr Städte und Gemeinden vor dem finanziellen AUS stehen. Und wenn in absehbarer Zeit auch noch die Zusatzzahlungen aus den dubiosen
Cross – Boarder – Leasinggeschäften
fällig werden, stehen die meisten Kämmerer der Städte und Gemeinden vor einem weiteren unlösbaren Problem.
SPD und Bündnis 90 / Die Grünen
waren vor 12 Jahren einmal angetreten, vieles besser zu machen und den Wohlstand der Menschen in unserer Heimat zu schützen.
Heute zeigt sich, dass die Protagonisten der beiden Parteien kaum einen Politikfehler ausgelassen haben, der nicht volksschädlich ist.
Bedauerlicherweise setzt die SCHWARZ / GELBE Regierung diesen ersichtlich volksschädlichen Politikstil weiter fort und fördert gemeinsam mit der EU die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland.
Ist so etwas bereits eine
schamlose Ausnutzung der gebotenen Möglichkeiten?
Und wenn ja, von wem?
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