DRSB
Deutscher Rentenschutzbund e.V.
Redaktionsteam
Leitung:
Udo Johann Piasetzky ⋅ Heinrich Sternemann ⋅ Hans – Josef Leiting
Düsseldorf, den 31. Januar 2010
Das Wort am Sonntag
Riesterrente
Das Förderchaos schreitet fort
Als vor 8 Jahren die rot / grüne Bundesregierung den Bürgern in flammenden Reden unter dem Hinweis auf eine Jahrhundertreform eine dynamisch wachsende Form der privaten Altersvorsorge unter der Begleitung der Medien zu vermitteln ver suchte, ahnte noch kein Mensch in unserer Heimat, mit welchen fatalen Folgen die so genannte
Agenda – Politik
für alle verbunden ist.
In hitzigen und unsinnigen Debatten wurde der Begünstigenkreis der Riesterrente rund um die gesetzliche Rentenversicherung eingegrenzt und die Bürger ohne einen erkennbaren wirtschaftlich sinnvollen oder nutzmehrenden Ansatz in
„Kann – Riester” und in „Kann – Nicht – Riester”
aufgeteilt.
Die alles umfassende
„Absurdität der Riesterförderung”
blieb damit in der „Statik des Begünstigtenkreises” hängen.
Es liegt auf der Hand, dass bei mehr als 84 Millionen Bürgern in unserer Heimat Arbeitnehmer nicht immer Arbeitnehmer bleiben und Selbständige nicht als Selbständige zur Welt kommen.
Möglicherweise mit guten Absichten fordert deshalb der neue Präsident des
GDV
[ Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. ]
Rolf – Peter Hoenen
in seiner sehr ausführlichen
Jahresprognose 2010
für die deutsche Versicherungswirtschaft, die im
versicherungstip des Markt – Intern Verlages
in der ersten Ausgabe 2010 veröffentlicht wurde:
Zitat Auszüge:
Ein weiteres Ziel wird daher
der Ausbau der Riester – Förderung sein.
Die Branche plädiert dafür, das Fördervolumen bei der
Riester – Rente auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze anzuheben und an diesen Wert dynamisch zu koppeln.
Zudem sollen alle unbeschränkt steuerpflichtigen Personen gefördert werden.
Nur so führt der Wechsel zwischen Angestelltenstatus und Selbständigkeit nicht mehr zu Friktionen bei der Riester – Vorsorge.
Zitat Ende.
Doch gleichgültig, ob man das völlig untaugliche Modell
„Kann – Riester” und „Kann – Nicht – Riester”
als
„Friktionen” oder wie vom DRSB e.V. als „Berufsfalle”
bezeichnet, das negative Ergebnis ist immer das gleiche.
Denn die rürupsche Gedankenwelt aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaften ist knallhart und unsanft auf den Boden der Wirklichkeit aufgeschlagen.
Ein untaugliches Modell aus
„KANN” und „KANN – NICHT”
bringt eigentlich jedes System ohne ein verbindendes Element zum Kollabieren.
Auch im Koalitionsvertrag aus CDU / CSU und FDP ist deshalb eine vollkommen untaugliche Regelungsverpflichtung zur Öffnung der Riesterrente für Selbständige enthalten.
Kann ein Aufnehmen von Selbständigen bei Riesterverträgen das fehlende Element für eine durchlässige Förderung sein?
Eher Nein!
Der Grund liegt ganz offensichtlich auch darin, dass sich nach wie vor Selbständige zu weit von der gesetzlichen Rentenversicherung „entfernt” haben.
Auf welcher Berechnungsgrundlage könnte ein nachvollziehbarer so genannter
„Mindesteigenanteil”
für Selbständige berechnet werden?
Auf einer nicht vorhandenen
Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung?
Sollte ein Einkommensteuerbescheid die Regellücke ersetzen?
Die nachfolgenden Einkunftsarten des Steuerrechts werden unterschiedlich ermittelt, und zwar entweder nach Durchschnittssätzen oder durch Bilanzierung und Überschussermittlung:
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Sonstige Einkünfte
Einkünfte aus Kapitalvermögen
[ mit Option auf Abgeltungssteuer ]
Es wäre ein weiterer Versuch zur Quadratur des Kreises, aus diesen einzelnen Einkunftsarten mit den nachfolgenden Begriffen des Steuer- und Sozialrechts eine Berechnung eines Mindesteigenbeitrages zu einer Riesterrente herbeizuführen, um eine Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung zu simulieren:
Bruttoarbeitslohn, Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld
Einnahmen, Aufwendungen
Umsätze, Kosten, Durchschnittssätze
Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben
Einnahmen, Werbungskosten
Abschreibungen, Gewinn und Verlust.
Die weiteren Begriffe des Steuerrechts korrespondieren der Höhe nach nicht mit den Begriffen „Bruttoarbeitslohn” und „Bemessungsgrundlage zur Rentenversicherung” aus der Einkunftsart „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit”. Würde man zum Beispiel den Begriff „Gewinn” als sinnvolle „Ergänzungsbemessungsgrundlage” auswählen, könnten dann Selbständige ihre Betriebsausgaben bei der Bemessungsgrundlage zum Mindesteigenbeitrag abziehen, um die volle Riesterzulagen zu erhalten, und Arbeitnehmer ihre Werbungskosten nicht?
Zur „Rettung” des bestehenden Riestermodells kann das Steuerrecht ohnehin ohne eine Aufhebung des Steuergeheimnisses keine Hilfestellung leisten, damit man hieraus eine nützliche so genannte
„Volks – Riester – Rente”
für alle Bürger entwickeln könnte.
Ein gewagtes Experiment, da die bestehenden Regelungen der untauglichen Modelle
„Riester und Rürup”
für die meisten Bürger schon heute völlig unverständlich und unübersichtlich geworden sind.
Die verantwortlichen Politiker würden ein weiteres gefährliches Experiment bei der privaten Altersvorsorge eingehen und an einer Erweiterung des Datenausgleichs zwischen der Deutschen Rentenversicherung, der Zentralstelle, der Finanzverwaltung und den privaten Versicherungsgesellschaften „zwangsläufig” zur Kontrolle der Menschen in unserer Heimat bestehende Gesetze „aushebeln”.
Auch wenn demnächst über
„Elster” und „Elena”
eine riesige Datenbank über die Einkommensverhältnisse aller deutschen Bürger im Internet zur Verfügung stehen sollte, welcher verantwortungsbewusste Politiker würde sich trauen, auf einen so genannten
„Riesterdatenausgleichsknopf”
zu drücken?
Oder sind in Wahrheit die Datenerfassungssysteme „Elster” und „Elena” bereits die Vorbereitungsmaßnahmen für den
„Riesterdatenausgleichsknopf”?
Wer soll zukünftig noch Zugriff auf diese Daten haben?
Müssen also in naher Zukunft die Menschen in unserer Heimat für den Erhalt der staatlichen Riesterzulagen zunächst eine
„Verzichtserklärung”
für den
Anspruch auf das Steuergeheimnis
unterschreiben?
Oder ist es nicht wesentlich besser den gemeinsamen Nenner für eine durchlässige Förderung der Altersvorsorge in jeder erdenklichen Erwerbs- und Berufsphase an einer ganz anderen Stelle zu suchen, ohne dass es eines Datenabgleichs bedarf oder böswillig das
Steuergeheimnis
verletzt werden könnte?
Erst im Bereich der Sonderausgaben, unterhalb der Einkunftsebene der
7 Einkunftsarten,
liegen für alle Bürger einheitliche und gleiche gesetzliche Regelungen und Begriffe für Vorsorgeaufwendungen vor.
Erst bei einer Entkoppelung der bestehenden Regelung zur so genannten
Mindesteigenbeitragsleistung
auf Einkunftsebene [ zurzeit: Bemessungsgrundlage zur Rentenversicherung ] könnte eine durchlässige Förderung möglich sein.
Die bestehende zulagenorientierte Förderung in Kombination mit
Mindesteigenbeiträgen
ist hierfür nicht geeignet. Praxistauglich wäre für eine gewünschte durchlässige Förderung der Altersvorsorge eine rein fiskalische Förderung im Bereich der Sonderausgaben.
Alles andere ist und bleib Stückwerk.
Wie sich in Zukunft die Arbeitsabläufe in einer Versicherungsgesellschaft gestalten könnten, zeigt folgende „humorvolle” Unterhaltung von Sachbearbeitern der Erfassungsstelle für Riesteranträge auf:
Sachbearbeiter 1: |
Wie viele Riesteranträge hast Du gestern bearbeitet? |
Sachbearbeiter 2: |
40 Stück. |
|
Und wie viele Vorgänge hast Du geschafft? |
Sachbearbeiter 1: |
Nur einen einzigen. |
Sachbearbeiter 2: |
Wie, nur einen? |
|
Was war an dem Vorgang so schwierig? |
Sachbearbeiter 1: |
Unser Kunde war zuerst Uni – Lehrer, dann Hausmann und Bundestagsabgeordneter. |
|
Aktuell ist er unabhängiger Finanzoptimierer als Scheinselbständiger. |
Sachbearbeiter 2: |
Alle Achtung, für so einen Vorgang hätte ich wohl eine ganze Woche gebraucht. |
Sachbearbeiter 1: |
Wieso eine Woche? |
|
Ich habe den Vorgang nach intensiver Durchsicht direkt in den Reißwolf gesteckt! |
Diese „humorvolle” Konversation verdeutlicht, dass die kritischen Problemzonen der Riesterförderung Tag für Tag anwachsen und dadurch die gesamten unsinnigen, unnötigen sowie kostenbeladenen Arbeitsabläufe in Frage stellen.
Wie schrieb die
Financial Times Deutschland
bereits vor mehreren Jahren völlig zu Recht zum erwarteten Förderchaos der Riesterrente:
„Ein Jahrhundert kann sehr lang werden”.
DRSB
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