Aus der Krise lernen

Aus der Krise lernen

15. Dezember 2010

 

Bei der Diskussion über die US – Finanz- und Wirtschaftskrise rückt die Erkenntnis immer mehr in den Vordergrund, dass der zunehmende Aufkauf von Aktien an deutschen Versicherungs- und Bankkonzernen durch internationale Fonds aus der Sicht von Menschen in unserer Heimat ein beängstigendes Ausmaß angenommen hat. Viele Betroffene stellen sich daher besorgt die Fragen:

1.

Warum beteiligen sich internationale Fonds gerade an deutschen Versicherungs- und Bankkonzernen?

2.

Welche unmittelbaren Auswirkungen hat dieses Interesse für die eigene private Altersvorsorge und für das angesparte Vermögen bei Banken?

 

Mit der Einführung der Agenda 2010 wurde bei den Versicherungs- und Bankkonzernen ein umfängliches Vermögen für die Altersvorsorge deutscher Bürger angesammelt, welches nicht vererblich, nicht übertragbar und auch zum Teil nicht kündbar ist. Die gesetzlichen Grundlagen der Agenda 2010 wurden mit jahrzehntelangen Übergangsregelungen bis zum Kalenderjahr 2040 festgezurrt, so dass sich Fonds als Aktionäre bei Versicherungskonzernen und Geschäftsbanken womöglich sicher fühlen, auf einer langen Zeitachse über das Geldvermögen der Altersvorsorgemodelle

Riester und Rürup

wegen der Eigentumsbeschränkungen umfänglich verfügen zu können. Aus der Sicht der Versicherungsnehmer kann man wegen der Eigentumsbeschränkungen sogar von einem

Nießbrauchssyndrom

sprechen, da sie nur noch zu Lebzeiten Früchte aus ihrem eigenen Vermögen in Form einer laufenden Rente ziehen können. Die Verwendung über das Vermögen selbst liegt einzig und allein in dem Ermessen von Versicherungskonzernen und Banken. Wirtschaftlich betrachtet stellt eine private Rentenversicherung nichts anderes als die scheibchenweise Auszahlung einer Kapitallebensversicherung dar. Der Versicherungsverlauf für die Rente wird wie bei einer Kapitallebensversicherung mit einer Kapitaldeckung dargestellt und beworben. Der Bürger, der eine nicht verbrauchte Kapitaldeckung erhalten und vererben möchte, müsste für sein eigenes Vermögens quasi zusätzlich eine Risikolebensversicherung abschließen.

 

Bei dem riesigen Volumen noch zu erwartender Prämieneinzahlungen der Menschen in unserer Heimat ist es natürlich für jeden Fonds als Aktionär einer Versicherung oder Bank interessant, bei der Verwendung des Vermögens mitbestimmen zu können. Der amerikanische Investment – Fonds

Berkshire Hathaway

hatte zum Beispiel jüngst 10 % der Anteile an der Münchener Rückversicherung übernommen, nachdem dieser Fonds im Kalenderjahr 2008 die Kölner Rückversicherung bereits vollständig übernommen hatte. Somit kann es auch keine große Überraschung sein, dass Großteile des Altersvorsorgevermögens der Menschen in unserer Heimat in die USA transferiert werden. Warren Buffett sagt bei seinem Engagement bei der Münchner Rückversicherung offen, dass weitere Aktienzukäufe geplant sind, jedoch keine Mitrede vorgesehen ist, weil es sich um eine reine Finanzinvestition handeln würde. Die Aussagen könnten auch als reine Einwandvorwegnahme anzusehen sein. In der Branche bestehen Zweifel an seiner Aussage. Selbst das Magazin Focus stellt bei der Berichterstattung über die Beteiligungsabsichten des Investment – Fonds Berkshire Hathaway die Frage:

Sollten in München nicht längst die Alarmglocken läuten?”

In den Jahresabschlüssen der Versicherungskonzerne werden die Prämieneinzahlungen für die Renten als Umsatzerlöse im Eigenkapital ausgewiesen und die späteren Rentenverpflichtungen den Rückstellungen zugeführt, deren Höhe und Fälligkeit nicht genau feststeht. Alleine schon die Möglichkeit, diesen in sich widersprüchlichen bilanziellen Ansatz wählen zu können, löst Fragen nach der Sicherstellung von Altersvorsorgevermögen aus und hat aus der Sicht der Bürger generell einen bitteren Beigeschmack. Denn bei einem ganz normalen Sparbuch werden die Einzahlungen in den Jahresabschlüssen von Banken als Fremdkapital ausgewiesen, deren Höhe genauestens feststeht und für den Bürger als Eigentümer – auch im Todesfall – durch das bewährte Bürgerliche Gesetzbuch [ BGB ] umfänglich geschützt wird und auf das jederzeit Zugriff besteht.

 

Bei einem Versorgungswerk in der Rechtsform eines rechtsfähigen Vereins werden die Einzahlungen der Mitglieder wie bei einem Sparbuch persönlich gutgeschrieben und mit einem Versicherungsschutz kombiniert. Aus der Sicht vieler kritischer DRSB – Leser ist dieses der einzig richtige Weg für ein sinnvolles und zukunftsfestes privates Altersvorsorgesystem, um die Wortwahl „alternativlos” von Politikern zu vermeiden. Denn wegen fehlender Möglichkeit der Einflussnahme auf das Vermögen und nicht vorhandener Dividendenerwartung von dritter Seite können ausschließlich die Interessen der Menschen in unserer Heimat Berücksichtigung finden, weil nur in einem Versorgungswerk unverfälscht die Versorgungsansprüche umgesetzt werden können.

 

Bei privaten Versicherungs- und Bankkonzernen besteht womöglich die Gefahr, dass die Menschen nur noch von der Galerie aus ohnmächtig zuschauen müssen, wie ihr Vermögen in den USA verbrannt wird. Daneben besteht das Risiko, dass anschließend mit Steuermitteln die Rettungsschirme zugunsten von Versicherungs- und Bankkonzernen für die garantierten Zahlungen einer Riesterrente nochmals zu leisten sind.

 

Die die US – Finanz- und Wirtschaftskrise hat allen Beteiligten deutlich gezeigt, dass bei einer staatlich geförderten Altersvorsorge die Interessen der Menschen mit den Regeln des internationalen Kapitalmarktes kaum in Einklang zu bringen sind. Die Auswirkungen der US – Finanz- und Wirtschaftskrise legen schonungslos offen, dass eine tatsächliche Sicherstellung des Altersvorsorgevermögens nur in einem geschlossenen System eines Versorgungswerks in Kombination mit einem geschlossenen Bankenverbundsystem von Volksbanken oder Sparkassen gewährleistet werden kann. Nach dem Aktienrecht kann der Staat zum Wohle aller Bürger bei Versicherungskonzernen und Geschäftsbanken – wenn überhaupt – nur bedingt regulierend auf die Entscheidungen der Vorstände und Aufsichtsräte eingreifen, da die Gremien einer Aktiengesellschaft vorrangig den Aktionären gegenüber verpflichtet sind. Aus diesen Gründen muss in einem geänderten ordnungspolitischen Rahmen die staatlich geförderte private Altersvorsorge völlig neu gestaltet werden. Der Erwartungsdruck der Bevölkerung auf die verantwortlichen Politiker nimmt aufgrund der Risiken eines Übergreifens der US – Dollar – Krise auf den Euro exponentiell zu. Auf geschlossene Systeme von Versorgungswerken und Bankenverbänden könnten auch die US – Ratingagenturen nicht manipulierend eingreifen. In dem offenen System der internationalen Finanzmärkte haben die Manager der Versicherungskonzerne und Geschäftsbanken oftmals versagt und das eingeräumte Vertrauen verspielt.

Die aktuellen Bemühungen von Bank- und Versicherungsmanagern, sich selbst einem Ehrenkodex zu unterwerfen, sowie zur Bereinigung der teilweise dubiosen Vertriebsmethoden ebenfalls einen Ehrenkodex einzuführen, können den bereits entstandenen Schaden für die Menschen in unserer Heimat auch in Zukunft vermutlich nicht mehr wettmachen. Der sich zuspitzende Interessenkonflikt zwischen internationalen Fonds und der deutschen Bevölkerung macht deutlich, dass nur in einem geschlossenen System eines von Bürgern selbst verwalteten Versorgungswerkes eine Sicherstellung der Bürgerinteressen durch eine ausschließliche Kapitalanlage des Altersvorsorgevermögens in unserer Heimat gewährleistet werden kann.

Nach der Krise ist auch immer vor der Krise!

Deshalb kann das Motto in Zukunft nur lauten:

Aus der Krise lernen!

Denn es wurde bereits zu viel Lehrgeld gezahlt.

 

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Deutscher Rentenschutzbund e.V.

 

Wir kämpfen seit 22 Jahren mit der Stimme der Demokratie für einen modernen Sozialstaat, sichere, langfristige Arbeitsplätze, sinnvolle, gerechte und lernfähige Rentensysteme, sichere, gerechte und leistungsfähige Sozialsysteme und für korruptionsfreie Demokratie in Deutschland und der Europäischen Union.

 

 

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