Gastbeitrag von Ewald Eden / „Gute Butter“…. und die Vielleicht-Beweggründe sie so zu benennen.

Gastbeitrag

von

Ewald Eden

 

„Gute Butter“….

 

…. und die Vielleicht-Beweggründe sie so zu benennen. Bi us steit jümmers „goode Botter“ up de Toafel -> oder „gute Butter“ für die Menschen mit unplatter Zunge -> so as Opa dat sää -> wenn jemand mit verzehrender Sehnsucht in den Augen das gelbe Stück gebutterten Rahms neben dem lockeren weißen Sonntags-Stuten oder dem dunklen 10pfünder Alltagsbrot auf der weißgescheuerten Tischplatte neben Schinken und Mettwurst fixierte, die Opa kurz zuvor vom Deckenbalken über dem Küchenherd heruntergelangt und mit dem großen, immer scharf geschliffenem Brotmesser angeschnitten hatte.

„Laang man düchdich to“

war denn die einzige Ansprache die ein Weilchen des schweigenden Geniessens aller um den Tisch versammelten hungrigen Seelen einleitete. Ich habe mich in den späteren Jahren oft gefragt, warum Generationen unserer Ahnen noch bis in meine Kinderjahre hinein die Butter als Brotaufstrich stets nur mit der Vorbezeichnung „gut“ verwendeten. Wenn etwas im Sprachgebrauch mit der positiven Vorsilbe „gut“ bedacht wird, dann muß es doch zwangsläufig von dem Benannten auch eine „schlechte“ Variante geben. In diesem Fall der guten Rahmbutter als landwirtschaftlichem Milchfolgeprodukt also als Gegenstück eine schlechte Butter.

Nach allgemeiner Erkenntnis und in unseren Landen seit eh durch Gesetze untermauert, darf sich ein Streichfett aber nur dann als -> Butter -> präsentieren, wenn es mindestens 82 % Milchfettanteile enthält. In unserer heutigen, oftmals von der Überproduktion an Nahrungsmitteln geprägten Gesellschaft, treibt es viele Erzeuger jedoch dazu immer neue Konsumenten-Schichten mit immer neuen und oft irreführenden Produkt-Benennungen für sich zu gewinnen, oftmals mit unkorrekten Bezeichnungen ihrer Erzeugnisse versehen. Sie segeln also -> vom wirtschaftlichen Zwang oder offenbarer Profitgier getrieben -> nicht selten unter falscher Flagge. Hin und wieder versucht der eine oder andere Erzeuger es mit Hilfe der Göttin Justitia vor den Schranken diverser Gerichte zu unterbinden – Erfolg ist ihm damit aber nur selten beschieden.

Aber zurück zur „guten“ und zur „schlechten Butter“!

Und dem Versuch zu ergründen warum es sich vor Zeiten im Sprachgebrauch der Bevölkerung so einnistete. Es war wohl das Abgrenzungsbegehren der vom Schicksal ein wenig besser bedachten Schichten von der breiten Masse der armen Schlucker im Lande, die sich mit „Ersatzbutter“ aus den unterschiedlichsten Rohstoffen begnügen mussten, wollten sie ihr karges Brot nicht ganz ohne Fettaufstrich „genießen“.

Der Preisunterschied zwischen Butter und Butterersatz war schon immens. Ein abgepacktes Halbpfundsstück -> Deutsche Markenbutter -> schlug am Kaufmannstresen in den Endvierzigern des vergangenen Jahrhunderts mit 2 Mark 50 zu Buche. Die nur bei den lizensierten Milchhändlern angebotene lose sogenannte Molkerei- oder Klumpen-Butter war preislich um wenige Pfennige moderater. Von den Bestandteilen her war es das gleiche Produkt, denn es kam ja aus den gleichen Butterfässern der jeweiligen Molkerei – nur entstanden den Molkereien durch die Nicht-Ausformung und des Nicht-Verpackens weniger Kosten, was nach damaligem guten Kaufmannsverhalten den Verbrauchern zugutekam. Bei den als Ersatzfette fungierenden unzähligen Margarinesorten variierten die Ladenpreise je nach Güte und Geschmack der verwendeten Rohstoffe dagegen erheblich. Sanella z. B. – damals noch im traditionellen 250 Gramm Würfel im Handel – ging zu der Zeit für 40 Pfennige über den Ladentisch. Die nur 40 Pfennige schmeckte man aber auch deutlich. Wir bezeichneten diese Billigsorten deswegen auch wohl als Wagenschmiere. Rama oder Blauband – um nur 2 Margarinesorten der besseren Geschmacksausrichtung zu nennen – kosteten dagegen im Halbpfundspack schon annähernd eine D-Mark – und das bei einem Fabrikarbeiter-Stundenlohn der sich je nach Qualifikation und Leistung zwischen 49 Pfennigen für die Frauen an den Bändern der damaligen Bekleidungshersteller bzw. an den Spinnmaschinen und Webstühlen der Strumpffabriken und etwas über eine D-Mark für männliche Maschinenarbeiter und den verschiedenen Handwerkern bewegte. In der hiesigen Region wurden neben anderen Armenhauslandstrichen Nachkriegsdeutschlands die niedrigsten Löhne und Gehälter gezahlt. Noch in den Anfangsfünfziger Jahren – nach dem Ende seiner Lehrzeit als Fahrzeugstellmacher in der neuerstandenen Jadestädtischen Automobilindustrie – schaffte einer meiner Brüder für einen Junggesellenlohn beim ->

NordWestdeutschenFahrzeugbau ->

im Wilhelmshavener Mariensiel -> dem späteren Industriegelände West -> für einen Stundentarif von 79 Pfennigen. Nach seinem Wechsel noch im ersten Gesellenjahr an die Werkbänke eines Fahrzeugbauers im südniedersächsischen Osnabrück präsentierte er uns stolz seine erste Lohntüte, auf der ein Stundenlohn von sage und schreibe 1,79 DM aufgeführt war. Nach kurzzeitig nochmaligem Wechsel an die Werkbänke ins Bergische Land stand dort sogar 2,79 DM als Lohn für eine Stunde berufsfremder Maschinen-Bedienerei. Wer sich das heute mit ein wenig ->

Nachdenken ->

einmal bewusst macht, der kann vielleicht die GUTE BUTTER-Mentalität der damaligen Zeit ein wenig besser verstehen.

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Ewald Eden

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