Saisoneroeffnung zur Rentnerjagd

DRSB

Deutscher Rentenschutzbund e.V.

Redaktionsteam

Leitung:

Udo Johann Piasetzky Andreas Kallen Hans – Josef Leiting

Düsseldorf, den 06. Februar 2009

 

Saisoneröffnung zur Rentnerjagd?

 

Rechtsgrundlage für die Berufung der Richter am Bundesfinanzhof, nachfolgend kurz

BFH

genannt, bildet das Richterwahlgesetz vom 25. August 1950, wonach die Richter von einem Richterwahlausschuss gewählt werden müssen.

Dieser Ausschuss setzt sich aus den 16 für die Finanzgerichtsbarkeit zuständigen Landesministern und weiteren 16 vom Deutschen Bundestag gewählten Mitgliedern zusammen.

Den Vorsitz führt der

Bundesminister der Justiz,

der jedoch über kein Stimmrecht verfügt, sondern nur ein Vetorecht in Anspruch nehmen kann.

Wie in diversen DRSB – Artikeln berichtet, hatte in dem Beschluss des

BFH,

aus dem Kalenderjahr 2006, die nachgelagerte Besteuerung aus der

Armutsagenda 2010

den ersten Rütteltest nicht bestanden.

Mit dem Urteil vom 26. November 2008, dass am 07. Januar 2009 veröffentlicht wurde, hat der zuständige

10. Senat des BFH,

in einer neuen personellen Zusammensetzung, die nachgelagerte Besteuerung von Renten nunmehr doch als rechtens angesehen. Gemäß dem

BFH

handele es sich bei der Neuregelung der Versteuerung der Renten um hochkomplexe Lebenssachverhalte, bei denen dem Gesetzgeber gröbere Typisierungen und Generalisierungen zugestanden werden müssten.

Am 11. November 2008 ist die Broschüre der

Deutschen Rentenversicherung

Steuern Sie richtig!”

erschienen, die das Szenario der nachgelagerten Besteuerung ausführlich beschreibt.

Zitat auszugsweise:

Was die Rentenmeldepflicht bringt

Damit Steuern auf Renten richtig erhoben werden, informieren Zahlstellen künftig die Finanzämter.

Vom kommenden Jahr an ( 2009 )müssen

alle Stellen,

die Renten auszahlen, ihre Überweisungen über die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen ( ZfA ) in Brandenburg den Finanzämtern mitteilen.

Das sieht das 2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz vor.

Davon betroffen sind nicht nur Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch aus

Pensionskassen, Pensionsfonds, Direktversicherungen

und

Versorgungswerken.

Die Mitteilungen können im Einzelfall dazu führen, dass Rentner aufgefordert werden, nachträglich für die vergangenen Jahre eine Steuererklärung einzureichen.

Sollten in den vergangenen Jahren bereits Steuern angefallen sein, müssen Rentner unter Umständen auch Steuern nachzahlen.

Ebenfalls neu:

Bis Anfang 2009 teilt das Bundeszentralamt für Steuern jedem Bundesbürger eine persönliche Identifikationsnummer zu und teilt sie ihm per Post mit.

Diese elfstellige Nummer müssen alle Steuerpflichtigen künftig bei ihren Steuererklärungen oder anderen Mitteilungen an den Fiskus angeben – auch Rentnerinnen und Rentner.

Die Besteuerung von Alterseinkünften.

Bereits vor fast vier Jahren hat für die Besteuerung von Alterseinkünften ein neues Zeitalter begonnen.

Seit 2005 werden Renten stufenweise höher besteuert, im Gegenzug sinkt bis zum Jahr 2025 schrittweise die steuerliche Belastung der Rentenbeiträge von Arbeitnehmern und versicherungspflichtigen Selbstständigen.

Diese

nachgelagerte Besteuerung

hat den Vorteil, dass die meisten Menschen während ihres Berufslebens insgesamt weniger Steuern zahlen müssen und mehr Geld für die zusätzliche Altersvorsorge zur Verfügung haben.

Außerdem ist in der Regel das Einkommen während des Berufslebens höher als im Ruhestand.

Jeder Rentner hat jetzt einen

- vom Jahr des Rentenbeginns abhängigen -

persönlichen Rentenfreibetrag, der als Euro – Betrag festgestellt wird.

Dieser Freibetrag bleibt ihm meist bis zum Lebensende erhalten. Wer bis Ende 2005 in Rente ging, hat einen Rentenfreibetrag von 50% seiner damaligen Bruttorente.

 

Für jeden neuen Rentnerjahrgang bis 2020 steigt der steuerpflichtige Anteil der Renten um jeweils zwei Prozentpunkte auf 80 Prozent, für Neurentner späterer Jahre bis 2040 um jeweils einen Prozentpunkt bis auf 100 Prozent.

Bei Neurentnern des Jahres 2008 sind demnach bereits 56% der Rente steuerpflichtig. Von der neuen Besteuerung betroffen sind Renten

aus

der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse,

berufsständischen Versorgungswerken und so genannte Rürup- oder Basisrenten.

Versorgungs- und Entschädigungsrenten, etwa von der Berufsgenossenschaft oder Kriegsbeschädigtenrenten, bleiben steuerfrei.

Dank der erst allmählich wachsenden Besteuerung und vor allem des Grundfreibetrags von

7.664,00 Euro für Alleinstehende

und

15.328,00 Euro für Verheiratete

bleiben die meisten Rentner bisher von Steuern verschont.

Alleinstehende Neurentner des Jahres 2008 ohne Nebeneinkünfte zahlen Steuern ab einer monatlichen Bruttorente von etwa 1.400,00 Euro, verheiratete Rentnerpaare ab etwa 2.800,00 Euro.

In den kommenden Jahren steigt der Besteuerungsanteil, und eine wachsende Zahl von Neurentnern muss Steuern zahlen.

 

Neben der Rente haben viele Rentner noch zusätzliche Einnahmen – seien es Versorgungsbezüge, Arbeitslohn, oder der Ehepartner arbeitet noch.

In den meisten dieser Fälle ist eine Lohnsteuererklärung erforderlich.

Aber jeder Fall liegt anders.

Fragen Sie beim Finanzamt.

Zitat Ende.

Wie kann also die

Deutsche Rentenversicherung

bereits im Vorgriff auf die lang erwartete Entscheidung des BFH eine derart vorauseilende Mitteilung über die Detailabläufe zur Umsetzung der nachgelagerten Besteuerung herausgeben?

Warum hat das Bundeszentralamt für Steuern innerhalb von nur wenigen Wochen auch für ältere Bürger die neuen steuerlichen Identifikationsnummern so schnell entwickelt und versandt, wenn die nachgelagerte Besteuerung der Renten auf der Kippe stand?

Wussten diese Stellen

weit vorher von der Entscheidung des BFH?

Wurde wieder einmal zur Durchsetzung der nachgelagerten Besteuerung von Renten von verantwortungslosen Politikern hinter den Kulissen kräftig gemauschelt?

 

Auch wenn es, wie die Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung besagt, überhaupt keine Lohnsteuererklärung gibt, ist es nach Auffassung des DRSB e.V. für ältere Bürger ratsam, freiwillig vor der Aufforderung durch das Finanzamt eine vollständige Einkommensteuererklärung ab dem Kalenderjahr 2005 einzureichen.

Unnötige Hektik ist aber nicht angesagt.

 

Für den Fall, dass neben den Renteneinkünften keinerlei weitere Einkünfte vorliegen, wäre es zur Vermeidung von unnötigen Steuerberatungskosten ratsam, die Einkommensteuererklärung selbst auszufüllen und dem Finanzamt persönlich oder postalisch einzureichen.

 

Der Sparerfreibetrag für Einkünfte aus Kapitalvermögen beträgt pro Bürger:

bis zum Kalenderjahr 2006

1.370,00 Euro

ab dem Kalenderjahr 2007

750,00 Euro

Ehegatten erhalten den doppelten Freibetrag, unabhängig wer von den Ehepartnern die Zinseinkünfte erzielt.

 

Der Hinweis der

Deutschen Rentenversicherung

ist zutreffend und nützlich, dass für Einzelfragen die

deutschen Finanzbeamten

jederzeit gerne behilflich sein werden.

 

Viele ältere Bürger, die bereits vor dem Kalenderjahr 2005 in Ruhestand gegangen sind, haben in der Regel vom ihrem Finanzamt die Mitteilung erhalten, dass sie zukünftig keine Steuererklärung mehr einreichen müssen.

Den betroffenen Bürgern ist oftmals nicht bewusst, dass diese Mitteilung aufgrund der

Armutsagenda 2010

gegenstandslos geworden ist.

Im guten Glauben, nichts Ungesetzliches getan zu haben, wird im Einzelfall eine verspätete Einreichung der Erklärung nicht mit einem Verspätungszuschlag oder sogar einem Straf- und Bußgeldverfahren geahndet.

 

Mit der

Betonreform der Armutsagenda 2010

haben sich die Politiker von SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und später hinzukommend die der CDU / CSU, über einen Zeitraum von 35 Jahren jeglichen Handlungsspielraumes für sinnvolle und zukunftsfeste Reformen selbst beraubt.

Das Angstgespenst des lange erwarteten

BFH - Urteils

zur nachgelagerten Besteuerung ist vermeintlich zunächst für diese Politiker verflogen.

Eine echte Erleichterung ist bei den verantwortlichen Berliner Politikern dennoch nicht zu erkennen.

Weitere 7 Entscheidungen des BFH zur

Armutsagenda 2010

stehen noch aus und können womöglich die Richtung der Rechtssprechung noch bürgernäher ändern.

Für Arbeitnehmer ist vor dem

BFH

unter anderem die Entscheidung noch offen, ob sie durch die Überkompensation des Arbeitgeberanteils zur Rentenversicherung in der

rürupschen Herunterdrechselmaschinerie

weiterhin ihre Riesterzulagen durch zu hohe Einkommensteuer selbst gegenfinanzieren müssen.

Eine mögliche Verfassungskonformität der nachgelagerten Besteuerung nützt auch den Versicherungskonzernen und den Banken wenig, denn die Vorsorge – Produkte sind nach wie vor mit der Lüge der

HartzIVSicherheit, der Berufsfalle

und dem

Makel der Zwangsenteignung

behaftet.

Deshalb bleibt aufgeklärten Bürgern

zurzeit nichts anderes übrig, als durch Sparen und Festgeldanlagen eine gesicherte Altersvorsorge aufzubauen.

Wie die weiteren Entscheidungen des

BFH

auch aussehen mögen und welche Entscheidungen vom Bundesgerichtshof sowie dem Bundesverfassungsgericht zu den zivilrechtlichen Aspekten der Altersvorsorge sich noch ergeben könnten, wird die Zukunft zeigen.

 

Ein „grandioser Sieg” der

Armutsagenda 2010,

zum Nachteil der aktuellen und zukünftigen Rentenbezieher, wird hoffentlich durch

bürgernahe Richter,

die verantwortungsvoll ihre Ämter wahrnehmen, noch verhindert werden können.

 

 

 

DRSB

 

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