DRSB
Deutscher Rentenschutzbund e.V.
Fördert Profitgier
die
Armut?
von
Udo Johann Piasetzky
Vorstandsvorsitzender des DRSB e.V.
und
Rechtanwalt Andreas Kallen
Vorsitzender der Rechtskommission des DRSB e.V.
und
Rechtsanwalt Heinrich Sternemann
Vorsitzender der Antikorruptionskommission des DRSB e.V.
Meerbusch, den 16. Juni 2006
Am Donnerstag den 18. Mai 2006 sorgte eine Medien-Meldung für helle Aufregung in ganz Deutschland.
Das
Erwerbslosen Forum Deutschland
warf den Wohlfahrtsverbänden
AWO >< Diakonie >< Rotes Kreuz
reine Profitgier vor.
Die Spitzenwohlfahrtverbände AWO, Diakonie und Rotes Kreuz wandten sich in einem offenen Brief an die Fraktionen der großen Koalition und forderten Leistungseinschnitte bei den Passivarbeitslosen.
Das Erwerbslosen Forum Deutschland sprach von reiner Profitgier:
Damit würden diese Verbände zeigen, dass es ihnen nur noch um Gewinne ginge und sie dafür ihre Leitbilder über den Haufen werfen würden.
Schon lange hätten diese Verbände gezeigt, dass ihnen Arbeitnehmerrechte und adäquate Entlohnung ein Dorn im Auge wären.
Ebenso hätte sich gezeigt, dass es ihnen keineswegs um Integration von Arbeitslosen ginge, sondern sie nur Interesse an der Ausnutzung billigster Arbeitskräfte in Form von 1-Euro-Jobbern hätten, um im sozialen Bereich Dumpinglöhne einzuleiten.
Handelt es sich hier um eine Enttarnung nie gekannten Ausmaßes?
Sind die Spitzenwohlfahrtverbände womöglich Ausbeuter der übelsten Sorte?
Sollte sich herausstellen, dass die Medienberichte auf der Wahrheit beruhen, stellt sich auch die Frage
Fördert Profitgier die Armut?
Und
Was ist eigentlich Armut?
Armut bezeichnet den Mangel an Chancen, ein Leben zu führen, das gewissen Minimalstandards entspricht.
Die Maßstäbe für diese Standards und die Vorstellungen über die Ursachen von Armut sind örtlich und zeitlich sehr verschieden.
Die
WHO
World Health Organization
definiert Armut nach dem Einkommen.
Danach ist arm, wer monatlich weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens seines Landes zur Verfügung hat.
Die Armutsgrenze in Deutschland nach Maßstäben der Europäischen Union lag im Jahr 2003 bei
938 Euro
das sind
60%
des mittleren Einkommens.
Neben dem Einkommen können auch andere Merkmale der Armut herangezogen werden, zum Beispiel, ob der Haushalt genügend Geld für Heizung, regelmäßige Mahlzeiten, ausreichende Kleidung und andere lebensnotwendige Dinge hat.
Im theoretischen Grundverständnis unterscheiden sich ökonomische Konzepte, die Armut als Mangelversorgung mit materiellen Gütern und Dienstleistungen verstehen, von soziokulturellen Konzepten, die auch nichtmaterielle Bedürfnisse thematisieren wie zum Beispiel das Fehlen ausreichender Bildungsmöglichkeiten.
Was sind aber die Ursachen der Armut und welche Möglichkeiten hat ein Staat zur Bekämpfung von Armut?
Die Variablen, die in der Analyse von Armut vorkommen, bilden letztlich auch die Bezugspunkte der Entwicklung von Strategien zur Verhinderung von Armut.
Die dynamische Armutsforschung hat den bislang breitesten Ansatz zur Erfassung von Armut entwickelt und bietet auch für die Berücksichtigung der Geschlechterfrage den besten Ansatzpunkt.
Armut wird hier nicht als individuelles Schicksal oder als Ergebnis sozialen Fehlverhaltens interpretiert, sondern auch durch die Strukturen des Sozialstaates als Mitgestalter des Lebenslaufes betrachtet.
Wenn der Sozialstaat für die Vielfalt der sozialen Risiken Vorsorge treffen soll,
dann ist das Auftreten von Armut auch ein Indikator für Mängel in dieser Vorsorge.
Hierbei nimmt der Androzentrismus in den Konzepten der Armutsforschung einen breiten Raum ein.
Unter Androzentrismus wird eine Sichtweise verstanden, die Männer als Zentrum, respektive als Maßstab und Norm versteht.
Androzentrismus kann also als eine gesellschaftliche Fixierung auf den Mann oder das
Männliche
verstanden werden.
Ein androzentristisches Weltbild versteht den Mann als die Norm, die Frau als Abweichung von dieser Norm.
Für die materielle Sicherung des Lebensunterhaltes gibt es im bundesdeutschen Sozialstaat verschiedene Systeme:
Das private Unterhaltssystem,
das Erwerbsarbeitssystem
und die sozialstaatlichen Sicherungssysteme,
wobei letztere für die eventuellen
Ausfälle
die beiden anderen Systeme zuständig sind.
Alter und Geschlecht sind die entscheidenden Kriterien dafür, welches System jeweils die Lebensunterhaltssicherung zu leisten hat.
Kinder und Jugendliche
sollen von ihren Eltern unterhalten werden, der Sozialstaat bietet eine relativ geringe Unterstützung durch Subventionen und infrastrukturelle Angebote.
Erwachsene Männer sollen über das Erwerbssystem für sich und ihre
Familien
den Unterhalt sichern.
Der Sozialstaat bietet Versicherungssysteme für die Krisenfälle,
in denen ihnen das nicht möglich ist.
Für das Alter soll die Unterhaltssicherung über gesetzliche und private Versicherungssysteme erfolgen.
Für Erwachsene steht das private Unterhaltssystem in Form der
Ehe
offen, wenn sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen.
Sozialstaatskritiker
weisen immer darauf hin, daß der Sozialstaat und seine Regelungen dadurch das traditionelle Geschlechterbild konstituieren und die entsprechende Vorsorge und Risikoabsicherung auf das Bild des männlichen Familienernährers abgestimmt ist.
Als verborgenes Muster sind alle sozialstaatlichen Versicherungssysteme, außer der
Sozialhilfe,
>>> Hartz-Modelle <<<
so ausgelegt, dass sie Risiken der männlichen Lebensform wie
Krankheit >< Unfall >< Arbeitslosigkeit
berücksichtigen, die Risiken der weiblichen Lebensformen insbesondere
Kinder privat und / oder alleine zu erziehen,
aber vollkommen vernachlässigen.
Lesen Sie hierzu den DRSB-Artikel:
Die Mutterrente
Für Frauen entstehen aus den vorgenannten Lebensformen innerhalb der bestehenden sozialstaatlichen Bedingungen Armutsrisiken, die nur sie haben und die durch
Abhängigkeit und mangelnde Eigenständigkeit
gekennzeichnet sind.
Verbleiben Frauen im traditionellen Lebensformen und reduzieren ihre Arbeitszeit durch Kinderbetreuung, handeln sie sich gleichzeitig eine starke Abhängigkeit vom Vater der Kinder ein, die nur solange erträglich ist, wie eine emotional positive Beziehung zwischen beiden besteht.
Verlassen Frauen das traditionelle Muster, geben sie die Ehe auf oder erziehen sie ihre Kinder von vornherein alleine, müssen sie die Abhängigkeit von anderen allein ertragen, entweder von Eltern oder vom Sozialstaat.
Entsprechend wurde von der
Rot / Grünen Ex-Regierung
die Wirkungen der Armutsrisiken verschleiert und verschleppt,
statt Offensiv die Probleme anzugehen.
Die
Rot / Schwarze Bundesregierung
sieht eine Antwort auf die Frage zur Armut nur als einen
ökonomischen Vorgang
zwischen den einzelnen Gesellschaftsstrukturen.
Dadurch kann es sehr schnell zu speziellen Formen der
Armut von Frauen
kommen können, die auf dem Lebensmustern beruhen und die durch die traditionellen Geschlechterbilder hervorgebracht werden, die auch in die sozialstaatlichen Regelungen eingewoben sind.
Frauenerwerbslosigkeit
führt also genauso wie
Männererwerbslosigkeit
zur
Risikoarmut.
Die Rolle der Hausfrau ist weder ein ökonomischer noch ein psychologischer Armutsschutz und er schützt auch nicht vor sozialer Isolation, vielmehr ist sie der potentielle
Beginn einer frauenspezifischen Armutsspirale.
Die Risiken liegen darin, dass eine Frau nur unter bestimmten Umständen, nämlich, wenn sie eine gute Beziehung zu einem verdienenden Mann hat, eine relative Absicherung gewährleistet ist.
Wird der Ehemann erwerbslos oder scheitert die Beziehung,
gerät auch die Frau in Armut.
Die gängige Definition der Armut, die auch von der
Rot / Schwarzen Bundesregierung
benutzt wird, verschleiert die wirkliche Armut in Deutschland.
Wer die Anzahl der
Hartz-Modell-Empfänger
als Indikator für die Armut in der Gesellschaft nimmt, verfehlt nicht nur das Ausmaß der Armut, sondern verleugnet sie.
Darüber hinaus wird die Dunkelziffer für diejenigen, die trotz gegebener Voraussetzungen aus Scham keine Leistungen in Anspruch nehmen, verkannt.
Frauen zum Beispiel wollen sich beim Scheitern einer Beziehung nicht zu Bittstellerinnen des Sozialstaates degradieren lassen, sondern ihr Recht behaupten, ihre Kinder unter den gegebenen Bedingungen zu betreuen und dabei nicht zu verarmen.
So wäre ein Vergleich zwischen alleinerziehenden Müttern und alleinerziehenden Vätern, ein Vergleich zwischen Witwen und Witwern, ein Vergleich zwischen arbeitslosen Frauen und arbeitslosen Männern besser in der Lage, gesellschaftliche Realitäten zu erfassen.
Die vorgenannten Zugangswege zu den Armutslagen sind gleichzeitig auch handlungsrelevant, da sie Strategien zur Armutsbekämpfung entwickeln können und eine Beurteilung zulassen.
Die allerbeste Strategie gegen
Armut
sind nach wie vor sichere
Arbeitsplätze.
Armut wird womöglich noch eine Zeit lang verschleiert werden können aber
5 Millionen Arbeitsuchende Bürger
sind nicht zu verheimlichen.
Frau Bundeskanzlerin
wann handeln Sie endlich?
Jeder neue Arbeitsplatz in Deutschland beendet ein
Einzelschicksal eines
arbeitslosen Bürgers
und
stabilisiert gleichzeitig das gesetzliche Rentensystem!
DRSB
Wir kämpfen seit
1988
für sinnvolle, lernfähige und sichere Rentensysteme sowie für dauerhafte und sichere Arbeitsplätze
in Deutschland
?>